Montag, 16. November 2009

einBLICK Georgien Heft II / April 2009

Ihalt:
1.Vorwort der Herausgeber
2.Der 9.April 1989 - Zwanzig Jahre danach
(von Marika lapauri-Burk und Dr. David Kakabadze)
3.Der grauer Vogel über dem Kaukasus / Georgien und der lange Abschied von der bisherigen Geschichte (von Dr. Frank Tremmel) იხ. აქვე ასევე ქართული თარგმანი: "რუხი ფრინველი"
საქართველო და ხანგრძლივი "გამოთხოვება აქამომდელ ისტორიასთან" (დოქტ.ფრანკ ტრემელი)
4.Otar Ioseliani und der Garten der Gemütsruhe (Dr. Zaza Schatirischwili)
5.Grundtendenzen der russischen Politik in Abchasien im XIX. und Anfang des XX. Jahrhunderts (von Mamuka Areschidze)
6.„Echo Moskwys“ prominente Gäste mit ihren Äuβerungen zur aktuellen Lage im Kaukasus
(von Marika Lapauri-Burk und Nana Jacques)
7.Territoriale Entwicklung Georgiens unter der Herrschaft des Russischen Reiches (von Dr. Lascha Bakradze)



Vorwort der Herausgeber

Liebe Leserinnen, Liebe Leser,
der Lile e.V. meldet sich diesmal nicht mit einer Veranstaltung, oder einem schönen Projekt, wie in den vergangenen Jahren, sondern mit diesem kleinen Heft. Wir haben ihm den Namen „ein Blick Georgien“ gegeben, um damit einerseits das Singuläre und Subjektive unserer Sicht, andererseits aber doch auch einen möglichen Erkenntnisgewinn anzudeuten. Wir verbinden mit unserer Zeitschrift keinen Anspruch auf definitive Aufklärung, oder gar eine ausführliche Darlegung der Sache. Die Sache ist Georgien - das ist klar. Aber jede Sache ist einzigartig und gleichzeitig umgeben von anderen Gegenständen. Wir betrachten Georgien gleichsam als einen Spiegel, in dem sich Welt abbildet. Wir riskieren einen Blick. Vielleicht gibt es auf dieser Weise etwas zu entdecken.

Der Krieg in Georgien hat heftige Spiegelungen ausgelöst. Leider waren viele Bilder seitenverkehrt und konnten nicht entzerrt werden Wie in „Schneewittchen“ wollte jede und jeder die bzw. der Schönste sein, aber immer gibt es noch Schönere. Mit unserem Heft möchten wir nicht die Konjunktur einander ausschließender Welterklärungen und Selbstermächtigungen ankurbeln. „Konjunkturpakete“ sollten sinnvolle Produktionen befördern, d.h. heute sowohl Authentizität als auch Komplexität.

Einen bescheidenen Beitrag widmen wir dem 9. April 1989. Das, was an diesem Tag in Georgien geschah und wie dadurch der Zerfall der UdSSR begann, ist bis heute in Europa nahezu unbekannt. Beim Schreiben unserer einleitenden Worte ist uns als Herausgebern bewusst geworden, wie unterschiedlich damals diese Epochenwende in Ost und West wahrgenommen wurde. Die Opfer und das Leiden der osteuropäischen Völker wurden einem gedächtnislosen Globalismus untergeordnet, für den der Ruf „Gorbi, Gorbi,...“ im Westen zum Synonym wurde, der jedoch vielen Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion wie Hohn in den Ohren klang. Dass wir gemeinsam vor dem Beginn einer neuen Geschichte standen, in die wir aber mit sehr unterschiedlichen kulturellen Erfahrungen eintreten, wurde nur langsam deutlich. Mittlerweile werden auch diese europäischen Erfahrungen in Ost und West zu etwas Singulärem. „In Zukunft werden wir gemeinsam unser Schicksal als Provinz im planetarischen Zeitalter meistern müssen.“ (Edgar Morin)


Der 9. April 1989 – Zwanzig Jahre danach



Marika Lapauri Burk und Dr. David Kakabadse

Das Jahr 1989 markiert den Anfang einer neuen Ära. Der kalte Krieg geht zu Ende. Die Weltgeschichte wird neu geschrieben. Der Umbruch vollzieht sich mit besonderer Schärfe in der damaligen Sowjetrepublik Georgien. Am 9. April 1989 wird in der Hauptstadt Tbilissi (Tiflis) eine friedliche Demonstration mit unbekanntem Giftgas und geschliffenen Spaten brutal
niedergeschlagen. 20 Menschen werden getötet (darunter 10 Frauen und Mädchen), weitere sterben noch Wochen und Monate danach an den Folgeschäden des Giftgaseinsatzes. Die sowjetischen Behörden weigern sich, den Krankenhäusern die chemische Analyse der verwendeten Substanz auszuhändigen, wodurch die effektive Behandlung der Patienten unmöglich gemacht wird. (
Über 3000 Menschen sind bis heute offiziell als Invaliden des Giftgaseinsatzes registriert und erhalten eine spärliche staatliche Unterstützung.) Einige deutsche Ärzte versuchen durch ihr privates Engagement, den Betroffenen zu helfen. Für Journalisten ist das thematische Gebiet tabuisiert, womit u.a. auch verhindert werden soll, dass sogenannte "Unwahrheiten" in die Welt gesetzt werden. Der Westen nimmt die blutigen Ereignisse in Tiflis kaum wahr. In der damaligen deutschen Presse findet man bestenfalls ein paar spärliche Zeitungsmeldungen. Man ist nach wie vor begeistert von Gorbatschows Reformen. "Gorbi" bleibt der Liebling der Deutschen, obwohl er als Staatschef mitverantwortlich dafür ist, was in den frühen Morgenstunden des 9. April in Tiflis geschieht.


Die blutige Konfrontation zwischen Militär und mobilisierter Öffentlichkeit läutete nach Meinung zahlreicher Experten eine der entscheidenden Schlussetappen des sowjetischen Imperiums ein und kann insofern als ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Demokratisierung des gesamten postkommunistischen Raums bewertet werden. Doch das Massaker vom 9. April wartet sowohl im Osten als auch im Westen noch auf seine politische
Auswertung. Nach Aufhebung der Nachrichtensperre gab es in Georgien zwar einige zaghafte Versuche, der Sache etwas tiefer nachzugehen, doch zumindest der Westen scheint die Ereignisse des 9. April 1989 längst ad acta gelegt zu haben.


Im Rückblick erinnern und bewerten einige der damaligen Teilnehmer die
Ereignisse vom 9. April 1989:


Dr. Gaga Nijaradze, Psychologe

Nana Dvali, Philologin

Maia Khetschinaschwili, Orientalistin

Sopo Todua, Journalistin

Wie würden Sie Sie die Geschehnisse vom 9. April 1989 nach 20 Jahren bewerten?

Dr. Gaga Nijaradze- Ich sehe den 9. April als einen Wendepunkt in der jüngsten Geschichte Georgiens, in dessen Folge die Idee der Unabhängigkeit des Landes gesellschaftliche Dominanz erlangte. Es ist schwer zu sagen, in wieweit sich die Idee in der Mehrheit der Bevölkerung verbreitet hat (zum Teil vielleicht aus unbewussten Motiven, zum Teil aus Antipathie gegenüber den Führern der nationalen Bewegung, oder aus anderen Gründen), aber der emotionale Impuls des Protestes des aktiven Teils der Gesellschaft war so stark, dass eine alternative, etwa eine gemäßigtere Position zu vertreten, außer im eigenen Wohnzimmer, nach außen, praktisch unmöglich wurde - genau so, wie es heute unmöglich ist, sich öffentlich zum Atheismus zu bekennen.

Das, was vor dem 9. April gelaufen ist, Manifestationen, Demonstrationen, mehrtägige Aktionen, konnte man nicht als einen Ausdruck des Willens der Nation betrachteten. Das kann nicht als “Nationale Tat” (wie es, meiner Meinung nach, die “Rosen Revolution” und die Geschehnisse im November 2007 waren) bezeichnet werden. Das war eher ein spontanes “Ausprobieren” der Freiheit, das durch Infantilismus und einen karnevalesken Charakter gekennzeichnet war. Der 9. April hat die Situation radikal verändert. Russland und die UdSSR wurden zu einem Feind, mit dem ein Zusammenleben unmöglich geworden war (in dieser Hinsicht wäre es interessant, die Geschehnisse vom 9. April 1989 mit denen von 1956 zu vergleichen: Die brutale Niederschlagung der Märzmanifestationen 1956 hatte in der georgischen Gesellschaft Angst und Scheu vor dem Regime verursacht, was in gewissen Maßen die Entstehung des georgischen Adaptations- Modells im Verhältnis zu Stalins Sowjet-Regime verursacht hat – eine äußerliche Loyalität und ein Aufblühen der Vetternwirtschaft. Die Reaktion auf den 9. April war nicht Angst, sondern Empörung und Aggression. So sollte man den 9. April als eine Wegmarke bewerten, nach der eine neue Periode in der georgischen Geschichte eintrat, – die „Freiheit von Russland”. Diese Periode wird heute nicht fortgesetzt, das bestätigen die Geschehnisse vom vergangenen August.

Nana Dvali- Der 9. April hat seine Bedeutung nach 20 Jahren nicht verloren und wird ihn niemals verlieren, weil kein Befreiungs-Kampf in der Geschichte seine Bedeutung verliert und ohne Spur verschwindet.

Ich denke, der 9. April hat die Sowjetunion gewaltig ins Wanken gebracht. Zu dem Zeitpunkt hat nur Georgien sich von dem noch lebendigen Riesenorganismus des großen Imperiums losgesagt, der so viele Opfer und Blut gekostet hat. Was die „Perestroika“ betrifft, hat man gesehen, dass das Sowjetsystem kein unwendbarer Monolith war. Durch den 9. April ist klar geworden, dass für die „Perestroika“ das Selbstbestimmungsrecht der Völker (besonderes das der Kaukasier) nicht die Freiheit beinhaltete. Wir mussten die Freiheit selbst erarbeiten.

Maia Khetschinaschwili- Ich bewerte das jetzt genau so, wie ich das damals bewertet habe: Das war eine große Tragödie und nicht nur deshalb, weil so viele Menschen getötet und vergiftet wurden. Nach dem 9. April ist in unser Leben das Diktat des schwarz angezogenen, gereizten Mannes eingetreten. Die ganze Nationale Bewegung hat einen Weg der Emotionen und nicht den Weg der Vernunft eingeschlagen.

Sopo Todua- Der 9. April war das wichtigste Datum in der jüngsten Geschichte unseres Landes. Konkret: Das war das Signal, dass die Bevölkerung Georgiens, unabhängig von Ethnien und religiösen Unterschieden in einem unabhängigen Staat leben und ihn erleben wollte. Es ist richtig, dass das der einzige Fall unserer Konsolidierung ist, aber dieser eine Fall lässt mich denken, dass wir in der Zukunft diese Konsolidierung wieder erleben werden, trotz unterschiedlicher Positionen.


Welche Rolle hat in Ihrem privaten Leben dieser Tag gespielt?

Gaga Nijaradze- Nach dem 9. April wurde ich Anhänger der sofortigen Unabhängigkeitserklärung. Davor dachte ich, dass die Unabhängigkeit etappenweise in einem Zeitraum von 10-15 Jahren erzielt werden könnte, nicht aber in der Form, wie es in der Realität passiert ist - auf der Welle der nationalen Gefühle. Außerdem, der 9. April, genauer gesagt, die danach entwickelten Geschehnisse, sind mir als Psychologe eine gute Lehre gewesen: Die aus den Büchern gelernte These fand in der Praxis ihre Bestätigung - dass ein absolut klarer Fall verschiedenen Interpretationen unterworfen wird. Ich meine hier die unter Gorbatschow einberufene Volksdeputiertenversammlung und deren Reaktion auf den Bericht über den 9. April.

Nana Dvali- Ich stand dort auf dem Platz mit meinen Geschwistern, wie alle andere. Das war in unserem Leben das wichtigste historische Ereignis, eine Krönung der langen nationalen Freiheitsbewegung.

Ich werde mich immer an diese Erhabenheit und dieses Bild erinnern, dass das gesamte Land voll mit Liebe und Glaube war, in dessen besten Sinne. Was ich an diesem Tag gesehen habe, gibt mir weiter Kraft. Aller weiterer Mumpitz ist von außen initiiert und erzwungen worden.

Maia Khetschinaschwili- Gar keine. Zum Glück ich habe an diesem Tag keine Angehörigen verloren, aber auch nichts Gutes erlebt .

Sopo Todua- Wenn ich an den 9. April denke, glaube ich, dass ich auch etwas tun kann, nicht nur für meine Angehörigen oder Freunde. Mein Nachbar hat in dieser Nacht Schwester und Schwägerin verloren . Wenn ich deren Waisen gewordene Kinder sehe, die inzwischen groß geworden sind und erfolgreiche junge Menschen sind, freue ich mich und gleichzeitig weine ich, selbst dann wenn dieser Nachbar mich ständig mit Wasser überschwemmt (ich scherze natürlich) [i].


Wie würden Sie diese Geschehnisse für die Entwicklung Ihrer Generation bewerten?

Gaga Nijaradze- Das Grundergebnis ist: Russland (aber nicht die Russen, was wichtig ist) wurde normativ zum Feind, so wie es in den baltischen Ländern der Fall war. Dieser Einfluss der “Motivation” vom 9. April läßt langsam nach. (Zum Beispiel erinnere ich mich nicht, dass jemand bei den Kommentaren zum Krieg im August sich auf den 9. April bezogen hätte). Das ist normal, nichtsdestotrotz wird dieses Datum eine wichtige Komponente des nationalen Bewusstseins bleiben.

Nana Dvali- Der 9. April als ein Ereignis wird immer ein moralisches Beispiel und ein Anhaltspunkt für die nachkommenden Generationen bleiben, die als Erben die Sprache, das Land und den Glauben übernehmen werden.

Maia Khetschinaschwili- Unsere Generation entwickelte sich - bis zu einer gewissen Etappe - in einem warmen „Gewächshaus“. In der Realität war es so, dass von uns nichts verlangt wurde und es ging uns nichts etwas an. Die neue Zeit hat alles geändert. Unsere Generation ist durcheinander geraten und zerstreut worden. Es fällt mir schwer, mit wenigen Worten alles zu bewerten. Unsere Generation ist vor fremde Geschehnisse und unverständliche Abläufe gestellt worden. Selbstverständlich haben wir viele Fehler gemacht. Die Geschehnisse vom 9. April sind für manche fatal gewesen, einige haben das leichter überwunden. Trotzdem, auf die Entwicklung der gesamten Gesellschaft haben diese Geschehnisse eine große Auswirkung gehabt, die man heute noch spürt.

SopoTodua- Nach diesem Datum sind in Georgien sehr schlechte Sachen passiert. Das betraf meine Generation als erstes. Deshalb beschuldigen unsere Kinder uns mit Recht manchmal. Nichtsdestotrotz ist für meine Generation der 9. April eine gewisse Orientierung, wie man handeln soll, wenn durch eine Stellungnahme sehr wichtige Änderungen die Folge sein können.



[i] Die scherzhafte Bemerkung zielt auf die in Georgien allerorten stattfindenden Wasserrohrbrüche und die damit zusammenhängenden Auseinandersetzungen zwischen den Mietern eines betroffenen Hauses.



"რუხი ფრინველი"

საქართველო და ხანგრძლივი "გამოთხოვება აქამომდელ ისტორიასთან"


ვუძღვნი მარიკას, რომლის თავგამოდების გარეშე ჩვენ რუხი ფრინველის ფრთებქვეშ გავიგუდებოდით.

2008 წლის აგვისტოში ავტორმა, იმდროინდელი მოვლენების შთაბეჭდილების ქვეშ მყოფმა, ჟურნალში "einBlick Georgien", რომლის თანაგამომცემელი იგი არის, გერმანიის პირობებში დიდი რისკის შემცველი მცდელობა წამოიწყო - მიუთითა ერის ეთოსსა და ერის სინამდვილის შინაარსზე 21-ე საუკუნის ვითარებაში. ქართველების თვითდამკვიდრების ნებაზე გერმანული საზოგადოებრიობის მაშინდელი რეაქციები განვმარტე უწინარეს ყოვლისა როგორც დროში გაწელილი აფექტური რეაქცია მე-19 და მე-20 საუკუნეების მძლავრი ევროპული სახელმწიფოს კრიზისზე (ვებერი 1925), რომელიც უპირველესად ჩვენ, დასავლეთევროპელებს, მეტისმეტად ნაჩქარევად გვიბიძგებს იქითკენ, რომ ერთმანეთს პოსტისტორიულ უტოპიაში გამოვეთხოვოთ. ჩემი მხრივ თვითკრიტიკად გამიზნული ამ ხედვის გამო მისაყვედურეს, "ქართული ნაციონალური პოზიციის" არაკრიტიკულად განწყობილი აპოლოგეტი ხარო. თუმცა აქამდე თავს თავისუფლად მოაზროვნე "მემარცხენედ" მივიჩნევდი, ახლა უცებ გმირული ნაციონალიზმის ბანაკში აღმოვჩნდი. რაკი არც ამბიციები და არც სათანადო ტემპერამენტი გამაჩნია საიმისოდ, რომ, ცოტა არ იყოს, ნაგვიანევი ლორდ ბაირონის (1) როლი შევასრულო, ამ რეაქციას გაფურჩქვნის ფაზაში მყოფი უნივერსალიზმის ტოტალური დელოკალიზაციის მიმართ ჩემს გამოხდომებზე თვითირონიული სიხალისით შევხვდი. ბოლოს და ბოლოს კავკასიის კრიზისმა კი არა, არამედ ფინანსურმა და ეკონომიკურმა კრიზისმა დაადასტურა, რომ ჩემ მიერ დაწუნებულ აბსტრაქტულ უნივერსალიზმს აღარ ძალუძს წესრიგსა და ლოკალიზაციას შორის საჭირო კავშირი დაამყაროს. ოღონდ მარტო ამით ვერ გაეცემა პასუხი შეკითხვას, რომელია ის პოლიტიკური და ორგანიზატორული ერთობა, რომელიც არამარტო `გლობალური რაციონალობის მოთხოვნებს~ შეესაბამება, არამედ იმის უნარიც შესწევს, რომ `ფესვები მიწისა და კაცობრიობის სიღრმისეულ ფენებში~ გაიდგას. სამწუხაროდ, ბევრი რამ მეტყველებს საიმისოდ, რომ ეთნიკური პარტიკულარიზმისა და ტექნოლოგიურ-ეკონომიკური უნივერსალიზმის ზემოაღნიშნული პოლარობა გაგრძელდება. მაგრამ იმასაც მივხვდი, რომ კულტურის თვალსაზრისით სუბლიმირებული ნაციის ჩემ მიერ მხარდაჭერილ ფორმას ყავლი გასდის. 21-ე საუკუნეში ილია ჭავჭავაძის და სხვათა ტრადიციებთან კავშირს უშუალოდ ვეღარ გავაბამთ. ეს კონცეპტი უპირველეს ყოვლისა იმ მოვლენის გამო არის წარუმატებლობისთვის განწირული, რომლის თემატიზება ამჟამინდელ პოლიტიკურ დებატებსა და კულტურის შემსწავლელ მეცნიერებებში სრულებით არ ხდება. ჩვენ საქართველოშიც აღმოვჩნდით დისტროფიული პროცესის პირისპირ, რომელიც შეუპოვრობის პათოსით მხოლოდ ზედაპირულად კომპენსირდება. ნაცვლად იმისა, რომ ძალების უკიდურესი დაძაბვით ან ცინიზმით მოვახდინოთ ამაზე რეაგირება, იქნებ ღირდეს, ოკულარი უფრო ზუსტად გავმართოთ, რათა ფსკერზე მდებარე ფენომენები შევნიშნოთ. საერთოდ, გვმართებს კარგად დავიმახსოვროთ გოტფრიდ ბენის გამონათქვამი: `უნდა ამოხვიდე შენი შესაძლებლობებიდან და არა შენი ლოზუნგებიდან~ (ბენი 1991, 32). გამოფიტული სუბიექტის ფენომენს, რომელიც გასულმა საუკუნემ დაგვიტოვა, არც განახლებული იდეოლოგიური ზედაძაბულობით და არც სარკასტული გესლით არ უნდა შევეგებოთ.
ჰამბურგელმა პუბლიცისტმა ერნსტ რიგერტმა ჯერ კიდევ 1954 წელს სტატია დაწერა (რიგერტი 1954, 47-50), რომელშიც პირველი მსოფლიო ომის ტყვეთა ბანაკებში გაჩენილი ცნება "რუხი ფრინველი" ჩვენი ეპოქის სიმბოლოდ წარმოაჩინა. ეს ცნება აღნიშნავს ღრმა ფსიქოზს, რომელიც წარმოგვიდგება ვითარცა კატასტროფათა ხანგრძლივი ზემოქმედების, მაგალითად, `ომის, უმუშევრობის და ხეიბრობის მიერ გამოწვეული უპერსპექტივობითა და შიშით აღსავსე წლების~ (იქვე, 48) შედეგი, თავის მსხვერპლთათვის მომტანი სულიერი და ხორციელი ვნებისა, რაც დიდხანს გრძელდება, და თვით ნორმალიზებულ პირობებშიც კი კვლავ და კვლავ იჩენს თავს. მეორე მსოფლიო ომის შემდეგ ეს სიმპტომები "დისტროფიის" დიაგნოზით გააერთიანეს, რომელიც უწინარეს ყოვლისა ომის ტყვეთა საბჭოთა ბანაკებიდან დაბრუნებულთ დაესმოდათ. `დისტროფია, რუსი ექიმების მიერ შემოტანილი ცნება, საკვების ნაკლებობით გამოწვეული დაავადებაა, რომელიც სულსაც ვნებს და წლების შემდეგაც იძლევა მძიმე ზიანის რეციდივებს~ (იქვე). ოღონდ რიგერტი ამ ცნებას უფრო მრავლისმომცველი აზრით იყენებს და ფსიქიატრიული დასკვნა კულტურის დიაგნოზის რანგში აჰყავს. დისტროფია მარტო "ბოლო ათწლეულების აშკარა კატასტროფათა", "ტოტალიტარიზმისა და ომის, განადგურაბისა და დევნილობის" შედეგი კი არ არის, არამედ "საყოველთაო ტექნიკურ-ცივილიზატორული განვითარებისაც~ (იქვე). გასული საუკუნის დამდეგისთვის დამახასიათებელი გმირული ილუზიებისა და იმავე საუკუნის ბოლოდროინდელი პოსტმოდერნული დეკომპოზიციების გათვალისწინების შემდეგ ამ ორ მოვლენას შორის არსებულ პერიოდში შესრულებული ეს ანალიზი იქნებ ერთობ მყიფე მოგვეჩვენოს. მკითხველმა ის შეიძლება ზედმეტად ფსიქოლოგისტურადაც კი მიიჩნიოს. მაგრამ იქნებ ზოგიერთმა ჩვენმა თანამედროვემ ისიც შესაძლებლად ცნოს, რომ სულიერად განცდილთან მიბრუნება და მასზე დაფიქრება ერთადერთი მისაღები გზაა, რომელიც დაგვრჩენია, რათა ისტორიული ადამიანის სუბიექტური თვისებები პოსტისტორიულ ეპოქაში ზოგადადამიანური თვალსაზრისით გავაკეთილშობილოთ. რიგერტმა ამასთან დაკავშირებით ერთი მოაზროვნის ანალიზი გაიხსენა, ვინც არც გერმანიაში და არც საქართველოში აქტუალური არ არის, მაგრამ რომელმაც ისტორიის ფილოსოფიური საფუძვლის მქონე ის იდეოლოგიებიც, თავისი თავისთვის სრული უფლებამოსილების მინიჭებას რომ ქადაგებენ, და ევროპელ `აზროვნების მეტრთა~ პოსტმოდერნული ფუქსავატობანიც ადრევე ჩამოიტოვა უკან. კულტურის სოციოლოგმა ალფრედ ვებერმა (2) უკანასკნელი მსოფლიო ომის დამთავრებიდან ცოტა ხნის შემდეგ `კაცობრიობის სახელმწიფოებრივი და სოციალ-სტრუქტურული თანაცხოვრების~ აქამომდელი ყაიდის დასასრული იწინასწარმეტყველა. მან დაინახა `კაცობრიობის სრული თვითგანადგურების საფრთხე~ და ადამიანის ახალი ტიპის გაჩენა ივარაუდა, იმ ადამიანს რომ ჩაანაცვლებდა, რომელიც "ათასწლეულების განმავლობაში ბატონკაცობის და ანტიბატონკაცობის სინთეზის გავლით წინ მიაბიჯებდა საყოველთაო გაადამიანურებისკენ" (ვებერი 1948, 285).
კი მაგრამ, ალფრედ ვებერთან, "ჰაიდეგერული სულის" ალბათ უკანასკნელ დიდ წარმომადგენელთან, მიბრუნება რას დაგვანახებს ისეთს, რასაც კულტურის გლობალური კრიზისისა და ადამიანის პრობლემის კლასიკური ანალიზები არ შეიცავდეს? ქართულმა ფილოსოფიურმა ანთროპოლოგიამ და კულტურის ფილოსოფიამაც ხომ შეიტანა ამაში თავისი წვლილი, მაგალითად, ზურაბ კაკაბაძის მიერ ჩვენი თანამედროვეობის ანტინომიათა დამაჯერებელი ანალიზის წყალობით (კაკაბაძე 1979). მასაც ვებერის მსგავსად ინდივიდუალური არსებობის მიმართ ჩვენი ნდობის დაკარვის მთავარ მიზეზად ემპირიულ-ნატურალისტური აზროვნების წესის გაბატონება მიაჩნია. ქართულ ფილოსოფიაში სულაც არ არის ნაკლებობა ფუნდამენტური შეხედულებებისა თავისუფლების არსის, ყოველდღიური ცხოვრების ინერციის დაძლევის უნარისა და აბსოლუტის მიმართ გახსნილობისთვის მზადყოფნის თაობაზე.
თამაზ ბუაჩიძემ ჰეგელის შესახებ დაწერილ თავის შთამბეჭდავ მონოგრაფიაში (ბუაჩიძე 1977) წარმოაჩინა, რომ უწინარეს ყოვლისა კულტურის შემოქმედებითი აგება არის ის, რაც ადამიანს ჭეშმარიტ სუბიექტად გადააქცევს. უპირველესად სულიერი აქტიურობა გამოარჩევს ადამიანს სხვა სულიერთაგან. ბუაჩიძე სულიერს განიხილავს როგორც ობიექტურობის ფორმას, რომელიც კოგნიტური, ესთეტიკური და ეთიკური ქმედებების შედეგად წარმოიქმნება, და რომლის მეშვეობითაც ინდივიდუუმის ვიტალური, უტილიტარისტული მოთხოვნილებების საზღვარი გადაილახება. ნიკოლოზ ჭავჭავაძე კულტურის თავისი აქსიოლოგიური გაგებით კვლავ და კვლავ მიუთითებდა, რომ კულტურა არამარტო თავის ობიექტივაციებს, არამედ მათი წარმოქმნის შემოქმედებით პროცესსაც მოიცავს. ეს ყოველივე ის შედეგებია, რომელთა მიღწევა საბჭოთა ტოტალიტერიზმის პირობებში აღტაცებას იწვევს. გასული საუკუნის სახელგანთქმული 60-იანი წლების პირობებში კიდევ ერთხელ მოხერხდა მე-18 საუკუნის სულის გამოხმობა. ქართველების ფილოსოფიური ანთროპოლოგია ნოოლოგიაა, რომელიც ისტორიულ მატერიალიზმთან კრიტიკული დაპირისპირების შედეგად წარმოიშვა. ადამიანის თაობაზე აზროვნების გერმანულ ტრადიციასთან მჭიდრო კავშირში იგი წინ წამოსწევს კლასიკური `გამოხატვის ანთროპოლოგიის~ (ტეილორი 2006) ღირებულ და ქმედებაზე ორიენტირებულ ასპექტს. ქართული ფილოსოფიური ანთროპოლოგია და კულტურის ფილოსოფია აღბეჭდილია ჟესტით, რომელიც საუკეთესო აზრით ფრიდრიხ შილერს გვახსენებს. სხვათა შორის საქრთველოში შილერი მისი თხზულებების პირველი თარგმანების გამოჩენამდე იყო ცნობილი. ჯერ კიდევ 1815 წელს დავით ბატონიშვილმა შეაფასა იგი, როგორც მნიშვნელოვანი ფილოსოფოსი და პოეტი. უკვე გიორგი ერისთავმა (3), რომელსაც ჩვენ შილერის ნაწარმოებთა პირველ თარგმანებს ვუმადლით, შილერის ლექსები აღიქვა როგორც დიდი პოლიტიკური თავისუფლების პროგრამა. ილია ჭავჭავაძისა და ივანე კერესელიძის მიერ შესრულებული მომდევნო თარგმანები, ჟურნალ `ცისკარში~ დაბეჭდილი, ნათელყოფენ რა ადგილი ეჭირა შილერს ქართველთა განმათავისუფლებელ ბრძოლაში. ივანე გომართლის მიერ 1902-1903 წლებში გამოქვეყნებული შილერის წერილებიც ამგვარადვე იქნა ინტერპრეტირებული. მოგვიანებით შილერის ფილოსოფიურმა ნაწერებმაც მოახდინა ზეგავლენა ქართული საზოგადოებრიობის ცნობიერებაზე. უეჭველია, რომ მის განაზრებებს კაცობრიობის ისტორიის, თავისუფლების, სხეულისა და სულის ურთიერთდამოკიდებულების თაობაზე უდიდესი მნიშვნელობა ჰქონდა ქართული კულტურის განვითარებაზე. ახლა აქ, სამწუხაროდ, დაწვრილებით ვერ ვილაპარაკებთ სულიერ-კულტურული ცხოვრების სხვადასხვა სფეროსთვის შილერის მნიშვნელობის შესახებ.
ალფრედ ვებერმაც თავის უკანასკნელ ვრცელ ნაშრომში "მესამე თუ მეოთხე ადამიანი" (ვებერი 1953ა) ამაღლებულის შილერისეულ ცნებას მიმართა. მას ნაკლებად აინტერესებდა კანტისეული დაპირისპირება "ინტელექტით აღქმად" (ინტელლეგიბლერ) სამყაროსა და გრძნობიერებას შორის - ის უფრო `დემონური თავისუფლებისა~ და ადამიანის `წმინდა დემონის~ თაობაზე წარმოთქმულ შილერის სიტყვას იმოწმებდა, რომელიც მას სპონტანური ძალების `იმანენტურ ტრანსცენდენტულ სინამდვილედ~ ესმოდა. ვებერიც მსოფლიო ისტორიას როგორც ამაღლებულ ობიექტს, ისე უყურებდა, `როგორც [...] ბუნების ძალების კონფლიქტს ერთმანეთთან და ადამიანის თავისუფლებასთან~. ვებერთან უკვე თავს იჩენს თავისუფლების იდეალიზმის პოსტჰეროიკული ახლებური აქცენტირება, როცა იგი წერს: "თანაც წარმატება დამოუკიდებელი გონებისა, რომელიც აქ თავისუფლებას უთანაბრდება, ბუნების ძალთა ბატონობის პირობებში, რომელთაც ადამიანების ყველა აფექტიც უნდა მივათვალოთ, ძალიან უმნიშვნელოა" (იქვე, 156). სხვაფრივ კი იგი შილერის ანთროპოლოგიაში სულაც ისტორიის თავისი საკუთარი ინტერპრეტაციის წინამორბედს ხედავდა. მე-20 საუკუნის გამოცდილების შემდეგ რა არის შესანარჩუნებელი და რა დასაძლევი თავისუფლების გაგების ფუძემდებლურ პრინციპებში? შეგვიძლია ჩვენ შინაგანი და გარეგანი ბუნების სფეროებში უმაგალითო გაუდაბურების ეპოქის შემდეგ, როცა ცოტა ხნის წინ გროზნოს კატასტროფა და არალის ზღვის დაშრობა ვიხილეთ, უპირობოდ გავიზიაროთ შილერის ეთუზიაზმით გამსჭვალული ფილოსოფია? (ზაფრანსკი 2004). ალფრედ ვებერი, 1868 წელს, გერმანიის იმპერიის დაფუძნების კვირაძალს, დაბადებული, იმავე წელს, როცა ნოე ჟორდანიაც მოევლინა ქვეყანას, სიჭაბუკეში გულმხურვალე ნაციონალისტი იყო, რომელიც პირველი მსოფლიო ომისგან ევროპაში პრინციპულად ახალი წესრიგის დამყარებას ელოდა. ამაში შედიოდა არამარტო გერმანიის იმპერიის დემოკრატიზაცია, არამედ შუა ევროპის ზმანების განხორციელებაც, რასაც დიდ სივრცეზე განფენილი ეკონომიკური პოლიტიკა აღმოსავლეთ ევროპის ხალხთა თვითგამორკვევის სურვილთან უნდა დაეკავშირებინა. ბალტიისპირელ გერმანელ ფრიდრიხ ფონ დერ როპთან თანამშრომლობით, რომელმაც რუსეთის არარუს ხალხთა ლიგა ჩამოაყალიბა, იგი ცდილობდა ეს იდეა პოლონეთსა და უწინარეს ყოვლისა ლიტვაში, ომის ბოლოსთვის კი უკვე უკრაინასა და საქართველოშიც, განეხორციელებინა (ვებერი 1999, 109 და შემდეგი). ამდენად, შესაძლოა ალფრედ ვებერი გერმანულ-ქართული თანამშრომლობის პირველ ინიციატორებს უნდა მივათვალოთ, რაც შემდეგ ფრიდრიხ-ვერნერ გრაფ ფონ დერ შულენბურგსა და ლეო კიკნაძეს შორის ურთიერთობით გაგრძელდა და საიდანაც ჯერ "ქართული ლეგიონი" და მოგვიანებით საქართველოს დემოკრატიული რესპუბლიკის ეროვნული არმია ამოიზარდა (გოცირიძე 1907, 15-25).
ალფრედ ვებერმა, ვინც მეორე მსოფლიო ომის და ახალი სამხედრო ბლოკების წარმოშობის შემდეგაც იცავდა მცირე ხალხების უფლებებს, "აქამომდელი ისტორიის დასრულების" (ვებერი 1946), მსოფლიო ომების და ბანაკების შემდგომ ხანაში, დაინახა, რომ ადამიანის "არსის გამო ახალგაჩენილმა შიშმა" (ვებერი 1948, 283) ერთმანეთს დაგვაპირისპირა. აქამომდელ ისტორიას, რომლის განმავლობაშიც "გაჩნდა ადამიანის ტიპი, რომელმაც თავისუფლებისა და ადამიანობის იდეისთვის ინტეგრირებული "მე"-სა და პიროვნებისკენ მიმართული არსებობის მოდუსი წარმოშვა" (ზომბარტი 1987, 186-195, აქ: 189), მაგრამ ისტორიას, რომელმაც ნაციონალიზმი და იმპერიალიზმიც მოიტანა, მოსდევს "ახალი უნივესალურ-ისტორიული ეპოქა", რამაც დაბადა სავსებით "ახალი ვითარება ადამიანსა და დედამიწასთან მიმართების თვალსაზრისით" (ვებერი 1953ა, 16 და შემდეგი). ეს უწინარეს ყოვლისა კონკურენტ მძლავრ სახელმწიფოთა აქამომდელ სისტემას ეხება.
`ისტორიამ იგი უკვე 1914 წელს ახალ ტექნიზირებულ პატარა დედამიწაზე პირველი მიწიერი (tellurisch)) დაჯახებით (1) აბსურდამდე მიიყვანა, იმგვარად, რომ იგი უკვე მაშინ სულ სხვა ყაიდის მასშტაბურ ფორმაციათა მხოლოდ ნიღაბი იყო. მეორეთი (2), რომლის დროებით დასასრულთან ჩვენ ვდგავართ, მან იგი შინაგანადაც კი აუტანლად ქცეულ მის სისუსტეში ამხილა. "სახელმწიფო~ როგორც დამოუკიდებელი ერთეული, როგორც პოლიტიკური ყოფიერების ზოგადი სამაგალითო სახეობა, ძალაუფლების მქონე მცირე მასშტაბის სახელმწიფოს ჩათვლით, სამომავლოდ ამ ფორმით ვეღარ იარსებებს, რაც შეიძლება მაშინვე ან სხვა უფრო საშინელი კატასტროფის შედეგად მოხდეს" (ვებერი 1946, 19 და შემდგ.).
ატომის გახლეჩის ანალოგიურად, რაც ჩვენი გარემომცველი ბუნების წვდომის შედეგად მოხდა, ჩვენ "პიროვნების გახლეჩის" (ვებერი 1948, 284) წინაშე აღმოვჩნდით, რომელიც `ცივილიზაციის პროცესთან~ დაკავშირებულ "სრულ აპარატიზაციას" (ვებერი 1953ა, 53 და შემდგომი) და ფუქციონალიზაციას მოსდევს. "თავისუფლებისა და ადამიანურობისთვის ინტეგრირებულ კაცობრიობას", "მეტოქე-სახელმწიფოს~ შესატყვისს (იქვე, 53), ბატონობის თავისი, დღეისათვის პრობლემატური, ტენდენციებითურთ "მეოთხე ადამიანი" ემუქრება. ერნს რიგერტმა ალფრედ ვებერზე, ფრანც კაფკასა და ერიხ ფრომის მასწავლებელზე, დაყრდნობით, ეს ტიპი, იდეოლოგიური ზემობილიზებისა და ყოფიერების ტექნოლოგიური გადატრიალების შედეგად წარმოქმნილი, ასეთნაირად დაახასიათა:
`მაშინ როცა ტიპი, რომელსაც ალფრედ ვებერი "მესამე ადამიანს" უწოდებს, თავის უმაღლეს გამოვლინებაში საყოველთაოადამიანურში გადადის, "მეოთხე ადამიანი" სწორედ საერთოადამიანურის, ადამიანთა დამაკავშირებლის უარყოფაა. ის მოიცავს ჯერკიდევ-ადამიანურს არაადამიანური ქმედების უნარითურთ. ეს ფრაგმენტული, პლურალისტური არსება, `ადამიანურობის იმ შუაგულის გარეშე, რომელიც მარეგულირებელ და მაინტეგრირებელ როლს ასრულებს", არის პროდუქტი ცივილიზატორული გარემოებებისა, რომელშიც ადამიანი მის მიერ შექმნილი სტრუქტურის სპეციალისტი და ფუნქციონერი ხდება. მას მთლიანობის ხედვის უნარი დაუკარგავს. მისი ცნობიერება მხოლოდ ნამსხვრევებს და შემთხვევითობებს აღიქვამს. ის იკარგება "სამყაროს სურათებში", რომლებიც მხოლოდ აზროვნების რღვევას მოწმობენ. ის ვერ ამჩნევს, რომ მოტყუებულია" (რიგერტი, იქვე, 48 და შემდგომი).
ასეთი განვითარება საქართველოს ბევრად უფრო მეტ საფრთხეს უქადის. ვიდრე არსებობდნენ ადამიანები, რომლებიც თავისუფლად და შემოქმედებითად ყოფნას ახერხებდნენ, ნაციონალური ინდივიდუალურ სუბიექტებში განაგრძობდა არსებობას. ეს იმას გულისხმობდა, რომ სუბიექტურობის თვითგამოხატვის სიყვარულს ქართველები სხვა ადამიანებშიც პატივს სცემდნენ. გარკვეულ პარადოქსულობას არ არის მოკლებული ის ამბავი, რომ ეს რესურსი, რომელიც ყველაზე უარეს საბჭოთა ხანას გადაურჩა, ახლა გაბღენძილ, მედიალურ ინსცენირებაში იკარგება. ზედმეტად გაღიზიანებული ინტელექტუალები, რომლებიც კულტურული ურთიერთობისთვის საქართველოში ნამდვილ სივრცეს ვეღარ პოულობენ, თავიანთ საბაზრო ღირებულებას უმიზნო პოლიტიკური ექსტრემიზმით ზრდიან. ამ თვალსაზრისით ისინი უკვე დასავლეთ ევროპაში იმყოფებიან. თუკი გვინდა ჩვენში რამე შევინარჩუნოთ შემოქმედებითი, ენთუზიასტი ადამიანისთვის დამახასიათებლი, მაშინ პირიქით - ისტორიის ახალ პირობებში ჩვენ მარაგები გონივრულად უნდა გამოვიყენოთ. თუკი ისტორიის ტრაგიზმს (ვებერი 1953ბ) იუმორის სათანადო დოზა (6) დაემატება, მხოლოდ მაშინ ხდება ცხოვრება ასატანი და `რუხ ფრინველს~ იქნებ მხიარული მელოდიაც კი გამოვტყუოთ. სხვაფრივ ნიკოლაუს ზომბარტმა (5) ჯერ კიდევ ცოცხალი ტვინისავის ერთი პროგრამა მოხაზა, რომელიც დღეს ქართველებმა, გერმანელებმა და მრავალმა სხვა ხალხმა უნდა დაამუშაონ:
"თუმცა ალფრედ ვებერს ჯერ კიდევ ისტორიაში აქვს ფესვები გადგმული, მან მაინც `აქამომდელ ისტორიასთან გამოთხოვება" გამოაცხადა, რაც, ცხადია, ნიშნავს: გამოთხოვება მე-19 საუკუნის ევროპულ ისტორიის ფილოსოფიასთან. ამით მან იმ სივრცეში გადაინაცვლა, რომელშიც ადამიანისა და დედამიწის ურთიერთდამოკიდებულება პლანეტარულ განზომილებებში "ახალი მეცნიერების" საგანი უნდა გახდეს, რომელიც ანთროპოლოგიური, სოციოლოგიური, ეკონომიკური, დემოგრაფიული და ეკოლოგიური პრობლემების, ისევე როგორც ხელოვნებისა და დედამიწის ისტორიათა მრავალი ასპექტის არტიკულიებას შეძლებს" (ზომბარტი, იქვე, 188).

შენიშვნები:
1. 1824 წლის 5 იანვარს სახელგანთქმული ინგლისელი პოეტი ჯორჯ გორდონ ნოელ ბაირონი ორი გემითა და 500 ჯარისკაცით პატრასის ყურეში შევიდა, რათა მხარი დაეჭირა ბერძნებისთვის მათ განმათავისუფლებელ ბრძოლაში თურქების წინაღმდეგ. მან დაიფიცა, ან თავისუფლებას მოვუტან ბერძნებს, ან მოვკვდებიო. საბერძნეთმა დე ფაქტო დამოუკიდებლობას მხოლოდ 1830 წელს მიაღწია რუსეთის, დიდი ბრიტანეთისა და საფრანგეთის დახმარებით. ბაირონი კი 1824 წლის 19 აპრილს მისოლუნგიში გარდაიცვალა ფილტვების ანთებით.
2. ალფრედ ვებერი (1968-1958), მაქს ვებერის უმცროსი ძმა, ერფურტში დაიბადა. მამამისი იყო ნაციონალ-ლიბერალი პოლიტიკოსი მაქს ვებერ უფროსი. ალფრედ ვებერი სწავლობდა იურისპრუდენციასა და პოლიტეკონომიას, დისერტაცია დაიცვა და დოცენტობის უფლება მოიპოვა გუსტავ შმოლერთან და 1899 წელს ბერლინის უნივერსიტეტის პრივატდოცენტი გახდა. 1904 წელს პრაღის გერმანული უნივერსიტეტის საზოგადოებრივ-პოლიტიკურ მეცნიერებათა ორდინარული პროფესორის თანამდებობა დაიკავა. სამი წლის შემდეგ ჰაიდელბერგის უნივერსიტეტში მიიწვიეს, სადაც ის პირველი მსოფლიო ომით და ნაციზმის ხანით გამოწვეული ინტერვალებით გარდაცვალებამდე ასწავლიდა პოლიტეკონომიასა და სოციოლოგიას. მისი მოწაფეები იყვნენ: თეოდორ ჰაუბახი, კარლო მირენდორფი, კარლ ცუკმაიერი, ნორბერტ ელიასი, ერიხ ფრომი, ნიკოლაუს ზომბარტი და სხვ.
3. `გიორგი ერისთავი 1813 წელს დაიბადა იძისში, თავადის ოჯახში. ბავშვობა ხიდისთავში გაატარა, სწავლობდა თბილისის კეთილშობილთა სასწავლებელში, მერე მოსკოვში. შემდეგ მოხელედ მუშაობდა თბილისში. 1832 წელს თავად-აზნაურთა შეთქმულებაში მიიღო მონაწილეობა, რისთვისაც დააპატიმრეს და გადაასახლეს. გადასახლების წლები პოლონეთსა და ლიტვაში გაატარა. იმ ხანებში გულდასმით კითხულობდა პოლონურ და ევროპულ ლიტერატურას. 1852-53 წლებში სცემდა ლიტერატურულ ჟურნალს `ცისკარს~, რომლის გამოცემა 1857 წელს განახლდა. მწერალი, რომელსაც დიდი დამსახურება მიუძღვის ქართული დრამატურგიის განვითარებაში, 1864 წლის 9 სექტემბერს გარდაიცვალა~. (ფენრიხი, ჰაინც: ქართული ლიტერატურა, ჟაკერის გამომცემლობა, აახენი 1993, გვ. 93. გერმანულ ენაზე).
4. და მაინც აქ უნდა ითქვას იმ განსაკუთრებულ როლზე, რაც შილერის დრამებს ეგრო წილად ქართულ თეატრალურ ხელოვნებაში. უნდა ვახსენოთ როგორც ლადო მესხიშვილის რეჟისორობით, ასევე ალექსანდრე `სანდრო~ ახმეტელის მიერ საბჭოთა ხანაში განხორციელებული სენსაციური საერთაშორისო წარმატების მქონე სპექტაკლები. ესენი რუსული რეჟიმის ტირანიისა და ოკუპაციის წინააღმდეგ მიმართული აშკარა დემონსტრაციები იყო. 1886 წელს დაბადებული ახმეტელი ქართული თეატრის რევოლუციურად განმაახლებელთაგანი იყო. იგი 1924 წლის ანტისაბჭოთა ამბოხებისას დააპატიმრეს და ამის შემდეგ გამუდმებით კომუნისტური რეჟიმის მეთვალყურეობის ქვეშ იმყოფებოდა. თავიდან მას მხოლოდ მისი საერთაშორისო აღიარება იცავდა. 1937 წელს კვლავ დააპატიმრეს, ლავრენტი ბერიას თანდასწრებით აწამეს და შემდეგ დახვრიტეს.
5. ნიკოლაუს ზომბარტი (1923-2008), სოციალურ და ეკონომიკურ მეცნიერებათა ისტორიკოსის ვერნერ ზომბარტისა და ოცდაათი წლით მასზე უმცროსი მისი მეუღლის რუმინელი კორინა ლეონის ვაჟი, ალფრედ ვებერისა და კარლ შმიტის მოწაფე, გრიგოლ რობაქიძის მეგობარი და თამარ ხუნდაძის, ემიგრაციაში მყოფი მენშევიკის მიხეილ ხუნდაძის ქალიშვილის, მეუღლე. ზომბარტი იყო კულტურის სოციოლოგი, რომელიც ფრანგ ედგარ მორენის მსგავსად `ხალისის სოციოლოგებს~ მიეკუთვნებოდა.
6. შდრ. მერაბ მამარდაშვილის სიტყვა ქართველთა `ხალისიანი ტრაგიზმის~ შესახებ (მამარდაშვილი 1995).

ლიტერატურა:

ბენი 1991: Benn, Gottfried: Der Ptolemäer, in Ders.: Sämtliche Werke, Band V, Stuttgarter Ausgabe, Klett-Cotta, Stuttgart ¹1991.
ბუაჩიძე 1976: ბუაჩიძე, თამაზ: ჰეგელი და ფილოსოფიის არსების პრობლემა. თბილისი, 1976.
გოცირიძე 1907: Gotsiridze, Giorgi: Die georgische Öffentlichkeit und Deutschland in den Jahren 1914-1918, in: GEORGICA. Zeitschrift für Kultur, Sprache und Geschichte Georgiens und Kaukasiens, Jahrgang 1997, Heft 20, Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 1997.
კაკაბაძე 1960:Kakabadse, Surab M.: Das Problem der existentiellen Krise und die transzendentale Phänomenologie E. Husserls, Tbilissi 1960 (in Russisch).
ვებერი 1946: Weber, Alfred: Abschied von der bisherigen Geschichte. Überwindung des Nihilismus?, Claassen & Goverts, Hamburg 1946.
ვებერი 1948: 1948: Weber, Alfred: Der vierte Mensch oder der Zusammenbruch der geschichtlichen Kultur, in: Die Wandlung, 3. Jg., 1948, Heft 4.
ვებერი 1953ა: Weber, Alfred: Der dritte oder der vierte Mensch. Vom Sinn des geschichtlichen Daseins, Piper, München 1953a.
ვებერი 1953ბ: Weber, Alfred: Das Tragische und die Geschichte, Piper, München 1953b.
ვებერი 1999: Weber, Alfred: Veröffentlichungen zur `Politik im Weltkrieg´, in: Ders.: Politische Theorie und Tagespolitik (1903-1933), Gesamtausgabe, Band 7, hrsg. von Eberhard Demm unter Mitwirkung von Nathalie Chamba, Metropolis Verlag, Marburg 1999, S. 109ff.
ზაფრანსკი 2004: Safranski, Rüdiger: Schiller oder die Erfindung des deutschen Idealismus, Hanser, München/Wien 2004.
ზომბარტი 1987: Sombart, Nicolaus: Alfred Weber: Der dritte oder der vierte Mensch, in: Ders.: Nachdenken über Deutschland. Vom Historismus zur Psychoanalyse, Piper, München/Zürich 1987.
კაკაბაძე 1979: Какабадзе, Зураб: Искусство, философия и жизнь, Тбилиси, 1979.
კაკაბაძე 1970/1987:: Человек как философская проблема (1970); ქართულად: ადამიანი როგორც ფილოსოფიური პრობლემა, თბილისი, 1987.
კელერი 2004: Keller, Thomas: Sociologes de la joie – Edgar Morin und Nicolaus Sombart, in: Bröckling, Ulrich/Paul, Axel T./Kaufmann, Stefan (Hrsg.): Vernunft – Entwicklung – Leben: Schlüsselbegriffe der Moderne. Festschrift für Wolfgang Eßbach, Fink, München 2004, S. 97ff.
მამარდაშვილი 1995: Мамардашвили, Мераб: Грузия вблизи и на расстоянии, Тбилиси, 1995.
რიგერტი 1954: Riggert, Ernst: Der graue Vogel, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, 01/1954.
ტეილორი 2006: Taylor, Charles: Hegel, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006.

აპრილი 2009

თარგმანი: ლევან ბრეგაძე











Dr. phil. Frank Tremmel

Der graue Vogel über dem Kaukasus

Georgien und der lange Abschied von der bisherigen Geschichte

Für Marika,

ohne deren Enthusiasmus wir unter den Fittichen des grauen Vogels ersticken würden

Im Dezember des vergangenen Jahres hatte der Autor in der von ihm mitherausgegebenen Zeitschrift „ein Blick Georgien“, noch ganz unter dem Eindruck der Augustereignisse, den hierzulande risikoreichen Versuch unternommen, auf das Ethos und den Wirklichkeitsgehalt der Nation unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts hinzuweisen. Dies geschah im Anschluss an deutsche und georgische Traditionen der Philosophischen Anthropologie und Kulturwissenschaft. Die damaligen Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit auf den Selbstbehauptungswillen Georgiens interpretierte ich vor allem als andauernden Affekt auf die Krise des europäischen Machtstaates im 19. und 20. Jahrhundert[i], der vor allem uns Westeuropäer allzu eilfertig dazu veranlasst, uns in ein posthistorisches Utopia zu verabschieden. Diese von mir durchaus als liberale Selbstkritik intendierte Sichtweise trug mir den Vorwurf ein, ein unkritischer Apologet des „nationalgeorgischen Standpunkts“ zu sein. Obzwar ich mich selbst bis dato eher als Vertreter der freiheitlichen „Linken“ im Sinne eines Leszek Kolakowski[i] verstand, fand ich mich nun unversehens im Lager eines heroischen Nationalismus wieder. Da ich weder die Ambitionen noch das Temperament zu einem etwas verspäteten Lord Byron[i] habe, konnte ich diese Reaktion auf meine Invektiven gegen die „totale Entortung eines in der Noosphäre sich entfaltenden raumlosen Universalismus“ zunächst nur mit einem gewissen selbstironischen Amüsement quittieren. Am Ende war es dann übrigens nicht die Krise im Kaukasus, sondern die Wirtschaftskrise, die unter Beweis stellte, dass der von mir beanstandete abstrakte Universalismus nicht mehr in der Lage ist, den „Zusammenhang von Ordnung und Ortung“ zu stiften. Allerdings ist damit immer noch nicht die Frage beantwortet, welche politische und organisatorische Einheit nicht nur den „Erfordernissen einer globalen Rationalität“ entspricht, sondern auch „ihre Wurzeln in die Tiefenschichten von Menschheit und Erde“[i] zu schlagen vermag. Leider spricht vieles dafür, dass die konstatierte unheilvolle Polarität von ethnischem Partikularismus und universalistischem Denken sich weiter verschärfen wird. Aber mir wurde bewusst, dass auch die von mir favorisierte Vermittlungsform der kulturell sublimierten Nation sich offenbar als Auslaufmodell erweist. Wir können im 21. Jahrhundert nicht mehr unvermittelt an die Tradition eines Ilia Tschawtschawadse[i] oder eines Noe Schordania[i] anknüpfen. Dieses Konzept scheitert vor allem an einem Phänomen, dass in den gegenwärtigen politischen Debatten und auch in den Kulturwissenschaften so gut wie nicht thematisiert wird. Wir werden auch in Georgien mit dystrophischen Prozessen konfrontiert, die durch das Pathos der Entschlossenheit nur oberflächlich kompensiert werden. Anstatt mit Übermobilisierung zu regieren, könnte es sich lohnen, das Okular der Kulturwissenschaften präziser zu justieren, um damit auf die zugrundeliegenden Phänome zu blicken. Insgesamt haben wir uns dabei das Diktum von Gottfried Benn hinter den Spiegel zu stecken: „Gehe von deinen Beständen aus, nicht von deinen Parolen.“[i]Dem Phänomen des „erschöpften Selbst“[i], das uns das zurückliegende Jahrhundert überantwortet hat, ist nicht mit erneuten ideologischen Überspannungen zu begegnen.

Der Hamburger Publizist Ernst Riggert schrieb bereits 1954 in den Gewerkschaftlichen Monatsheften einen Artikel[i], in dem er den in den Gefangenenlagern des Ersten Weltkrieges entstandenen Begriff des „grauen Vogels“ als Signum unserer Epoche auswies. Er bezeichnet eine tiefgreifende Psychose, die als Ergebnis langer Katastropheneinwirkungen, z.B. „Jahre voller Aussichtslosigkeit und Angst als Folgen von Krieg, Arbeitslosigkeit oder Invalidität“[i], auftaucht, die Betroffenen seelisch und körperlich dauerhaft schädigt und selbst unter normalisierten Bedingungen immer wieder in Erscheinung tritt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die gleichen Symptome unter den Befund der „Dystrophie“ gefasst, der vor allem bei den Heimkehrern aus den sowjetischen Kriegsgefangenenlagern konstatiert wurde. „Dystrophie, ein von russischen Ärzten eingeführter Begriff, ist eine Ernährungsmangelkrankheit, die auch die Seele ergreift und schwerste Schäden oft nach Jahren noch offenbart.“[i] Riggert gibt der Bezeichnung jedoch einen umfassenderen Bedeutungsgehalt und rückt den psychiatrischen Befund in den Rang einer Kulturdiagnose:

„Noch allgemeiner als die Dystrophie sind Typenveränderungen, die sich nicht direkt mit den offenen Katastrophen der letzten Jahrzehnte, mit Totalitarismus und Krieg, Ausrottung und Vertreibung, ursächlich in Verbindung bringen lassen. Sie sind Resultate der allgemeinen technisch-zivilisatorischen Entwicklung.“[i]

Angesichts der heroischen Illusionen, die den Beginn des vergangenen Jahrhunderts kennzeichneten und in Anbetracht der postmodernen Dekompositionierungen an dessen Ende mag uns diese Analyse aus der dazwischen liegenden Zeit vielleicht recht spröde erscheinen. Vielleicht kommt sie dem Leser auch zu psychologistisch vor. Vielleicht werden einige Zeitgenossen es aber auch plausibel finden, den reflektierten Rückgang auf das seelische Erleben als den einzigen Weg zu akzeptieren, der uns noch bleibt, um die Subjektqualitäten des historischen Menschen im posthistorischen Zeitalter allgemeinmenschlich zu läutern. Riggert verwies in diesem Zusammenhang auf die Analyse eines Denkers, der hierzulande keine Konjunktur hat, der aber schon frühzeitig sowohl die geschichtsphilosophischen Selbstermächtigungsideologien als auch die postmodernen Frivolitäten der europäischen „maîtres de pensées“ hinter sich gelassen hat. So schrieb der Kultursoziologe Alfred Weber[i] bereits kurz nach dem Ende des letzten Weltkrieges:

„Die Folgen der Katastrophe, die wir durchleben, sind bisher nur wie durch einen Schleier, hinter dem sich Neues abzeichnet, erkennbar. Aber beendet ist die bisherige Art des geschichtskörperhaften, des staatlichen und sozialstrukturellen Miteinanderlebens der Menschheit. In Frage gestellt ist die bisher außer von wenigen großen Zweiflern im ganzen unangefochtene Bedeutung des zivilisatorischen und Wissensfortganges, hinter dem sich drohend die Gefahr der völligen Selbstvernichtung der Menschheit erhebt. Wie ein Gespenst erscheint ein vierter Menschentyp hinter dem dritten Menschen, der in Jahrtausenden über die Synthese von Herrentum und Anti-Herrentum zur Allgemeinvermenschlichung fortschritt. Ein neuer Mensch voll von Möglichkeiten der Selbstverwandlung und, wie wir es noch fühlen, vor allem auch der Selbsterniedrigung scheint aufzustehen in einer Unordnung der geschichtlichen und transzendenten Wesensschichten, vor der uns bangt.“[i]

Worin kann uns nun aber der Rückgang auf Alfred Weber, den wohl letzten großen Vertreter des „Heidelberger Geistes“, Einsichten verschaffen, die nicht schon in den klassischen Analysen zur globalen Krise der Kultur und zum Problem des Menschen enthalten sind? Auch die georgische Philosophische Anthropologie und Kulturphilosophie hatten doch beispielsweise durch Surab Kakabadse eindringliche Schilderungen[i] unserer modernen Antinomien geliefert. Auch er sah wie Weber in der Prädominanz einer empiristisch-naturalistischen Denkweise[i] den Hauptgrund für den Verlust unseres Vertrauens in das individuelle Sein. Auch er hatte das Problem des Menschen unter den Bedingungen der kapitalistisch-industriellen Zivilisation beschrieben[i]. Es fehlt der georgischen Philosophie doch durchaus nicht an fundamentalen Einsichten in das Wesen der Freiheit, in die Fähigkeit zur Überwindung der Trägheit des tatsächlichen Lebens, der Bereitschaft, sich dem Absoluten zu öffnen. Tamas Buatschidze hatte in seiner beindruckenden Hegelmonographie[i] darauf hingewiesen, dass es vor allem der schöpferische Aufbau der Kultur ist, der den Menschen zu einem echten Subjekt macht. Es ist vor allem die geistige Aktivität, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet. Das Geistige wird von Buatschidze als eine Form der Objektivität begriffen, die durch kognitive, ästhetische und ethische Handlungen hervorgebracht wird, welche die unmittelbaren vitalen, utilitaristischen Bedürfnisse des Individuums überschreiten. Nikoloz Tschawtschawadse hatte durch seinen axiologischen, an Kant anschließenden Begriff der Kultur immer wieder darauf hin gewiesen, dass die Kultur nicht nur ihre Objektivationen, sondern auch den kreativen Prozess ihrer Hervorbringung einschließt. Dies alles bleiben Leistungen, deren Zustandekommen unter den Bedingungen des sowjetischen Totalitarismus uns immer noch Hochachtung und Bewunderung abverlangen. In diesen Schriften weht ein Geist, der an den Neoidealismus eines Rudolf Eucken[i] erinnert. Die in der Moderne verlorengegangene Einheit von Mensch und Welt wird durch eine hochgradig aktivistische Philosophie noch einmal in Gestalt eines Kulturbegriffs überwunden, der sich seiner sinnverwandten Nähe zur Humanität[i] bewusst ist. Unter den Bedingungen der berühmten Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts gelang es noch einmal, den Geist des 18. Jahrhunderts zu beschwören. Die Philosophische Anthropologie der Georgier ist eine Noologie, die aus der kritischen Auseinandersetzung mit dem historischen Materialismus hervorgegangen ist. In ihrem engen Bezug zur deutschen Tradition des Denkens über den Menschen akzentuiert sie den werthaften und tätigkeitsakzentuierten Aspekt der klassischen „Ausdrucksanthropologie“[i]. Die georgische Philosophische Anthropologie und Kulturphilosophie sind im besten Sinne von einem an Friedrich Schiller erinnernden Gestus gekennzeichnet. Schon vor den ersten Übersetzungen war übrigens Schiller in Georgien bekannt. Dawid Batonischwili hatte ihn bereits 1815 als wichtigen Philosophen und Dichter gewürdigt. Giorgi Eristawi[i], dem wir die ersten Übersetzungen verdanken, hat die Gedichte Schillers bereits als große politische Freiheitsprogrammatik aufgefasst. Die späteren Übersetzungen von Ilia Tschawtschawadse und Iwane Kereselidse, die in der Zeitschrift „Ziskari“ veröffentlicht wurden, verdeutlichen den Stellenwert Schillers für den Freiheitskampf der Georgier. Die von Iwane Gomarteli zwischen 1902 und 1903 publizierten Briefe wurde in der gleichen Weise interpretiert. Später traten auch die philosophischen Schriften Schillers ins Bewusstsein der georgischen Öffentlichkeit. Es besteht kein Zweifel, dass seine Reflektionen über die Geschichte der Menschheit, die Freiheit und den Zusammenhang von Physis und Geist für die geistige Entwicklung der georgischen Kultur von eminenter Bedeutung sind. An dieser Stelle kann leider nicht der Bedeutung Schillers für die verschiedenen Bereiche des geistig-kulturellen Lebens nachgegangen werden, da er hier vor allem als Exponent einer Anthropologie der Freiheit behandelt wird.[i]

Auch Alfred Weber hat in seinem letzten großen Werk „Der dritte oder der vierte Mensch“ Schillers Begriff des Erhabenen aufgegriffen. Ihn interessierte weniger die Kantische Gegenüberstellung von „intellegibler“ Welt und Sinnlichkeit - vielmehr berief er sich auf Schillers Rede von der „dämonischen Freiheit“ und vom „reinen Dämon“ des Menschen, die er als „immanent transzendente Wirklichkeit“ der spontanen Kräfte begriff. Auch Weber sah die Weltgeschichte als erhabenes Objekt, „als [...] Konflikt der Naturkräfte untereinander selber und mit der Freiheit des Menschen“. Allerdings zeichnet sich bei Weber schon eine Neuakzentuierung des Idealismus der Freiheit ab, wenn er schreibt: „Wobei der Erfolg der selbständigen Vernunft, die hier der Freiheit gleichgesetzt wird, gegenüber dem Walten der Naturkräfte, zu denen alle Affekte der Menschen gezählt werden müssen, sehr geringfügig sei.“[i] Ansonsten sah er aber in Schillers Anthropologie durchaus eine „Vorwegnahme“ seiner eigenen Geschichtsinterpretation. Worin besteht nun nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts das Bleibende, aber auch das zu Überwindende der zugrundeliegenden Freiheitsauffassung. Können wir nach einer Epoche beispielloser Devastationen der inneren und äußeren Natur, die noch kürzlich den Untergang Grosnys erlebte und dem Verebben des Aralsees zuschaute, fraglos an die enthusiastische Philosophie Schillers[i] anknüpfen. Dabei möchte ich an dieser Stelle nicht an erster Stelle auf das in diesem Zusammenhang moralisch Glaubhafte orientieren, sondern das Augenmerk auf das Lebbare, d.h. immer auch das Durchhaltbare richten. Alfred Weber, 1868 am Vorabend der Gründung des Deutschen Reiches geboren, im selben Jahr, in dem auch Noe Schordania das Licht der Welt erblickte, war in seiner Jugend durchaus glühender Nationalist, der sich vom Ersten Weltkrieg noch die grundsätzliche Neuordnung Europas erhoffte. Dazu gehörte nicht nur die Demokratisierung des Deutschen Reiches, sondern auch die Verwirklichung einer Mitteleuropavision, die eine ökonomische Großraumpolitik mit dem Wunsch der osteuropäischen Völker nach Selbstbestimmung verknüpfen sollte. In Zusammenarbeit mit dem Deutschbalten Friedrich von der Ropp, der die Liga der Fremdvölker Russlands organisierte, bemühte er sich in Polen und vor allem in Litauen, gegen Ende des Krieges auch in der Ukraine und in Georgien um die Verwirklichung dieser Konzeption.[i] In sofern kann Alfred Weber zu den intellektuellen Wegbereitern der deutsch-georgischen Zusammenarbeit gezählt werden, die dann ihre Fortsetzung zwischen Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg und Leo Kereselidze fand und aus der zunächst die „Georgische Legion“ und später die Nationalarmee der Demokratischen Republik Georgien hervorging.[i] Diese Europavision wird heute „ideologiekritisch“ als Konzeption der „liberalen Imperialisten“ bezeichnet. Inwiefern die gegenwärtige europäische Kaukasuspolitik allerdings darüber hinausführende Wege zu weisen vermag, bleibt bis zur Stunde offen. Bezüglich der Situation in Georgien fand Friedrich Freiherr Kress von Kressenstein, der Leiter der militärisch-diplomatischen Mission im Kaukasus übrigens Worte, die von erheblichem Realitätssinn zeugen:

„Früher oder später werden wir, die Deutschen, Georgien verlassen [...] Ihre Führungsschicht hat es nicht eilig, die für ihren Staat grundlegenden, lebensnotwendigen Institutionen zu schaffen [...] Die Regierung Georgiens hat keine kaukasische Politik, die die Existenzgrundlage für ihr Land ist. Nach unserem Abzug wird das isolierte, streitkräftelose Georgien von einem Ring von Feinden umschlossen sein und von einem von ihnen mühelos überrollt werden [...] Wenn Sie, die Georgier, ihre Freiheit verteidigen wollen, so ist dafür unermüdliche Arbeit nötig und kein fruchtloser theoretischer Streit oder Gesang oder Vergnügungen, wofür Sie die Zeit gänzlich vergeuden.“[i]

So sehr wir heute über die Weitsicht Kressensteins staunen können, so sehr müssen wir uns aber heute auch fragen, ob allein nur Selbstbehauptungswille und harte Arbeit nicht dem bereits eingangs skizzierten Problem der „heroischen Illusionen“ unfreiwillig Vorschub leisten. So richtig die Analyse auch sein mag, sosehr müssen wir uns heute, nach dem „Ende der bisherigen Geschichte“[i], nach den Weltkriegen und Lagern mit einer neuen „Angst um das Wesen“[i] des Menschen konfrontieren. Der bisherigen Geschichte, in der sich ein „Menschentyp, der einen um die Idee der Freiheit und der Menschlichkeit integrierten ich- und persönlichkeitsbezogenen Daseinsmodus herausgebildet hat“[i], die aber auch den Nationalismus und Imperialismus hervorbrachte, folgt eine „neue universalgeschichtliche Epoche“, die eine gänzlich „neue Situation in bezug auf Mensch und Erde“[i] hervorbringt. Das betrifft sowohl den „alte[n] freie[n] souveräne[n] Rivalitätsstaat bisheriger Art mit seinem Gemengsel großer und kleiner, frei nebeneinander stehender Machtgebilde“ als auch den damit verbundenen Menschentypus. Zum ersteren mag Webers Analyse heute ebenso gehört werden wie von Kressensteins Worte:

„Die Geschichte hatte ihn bereits 1914 mit dem ersten tellurischen Zusammenstoß auf der neuen technisierten kleinen Erde ad absurdum geführt, so daß er schon damals nur noch Maske für Großformationen ganz anderer Art war. Sie hat ihn mit dem zweiten, an dessen vorläufigen Ende wir stehen, auch innerlich in seiner völlig unmöglich gewordenen Schwäche enthüllt. `Staat´ als selbständiger, auch kleiner Machtstaat wird in dieser Form künftig, mag dies nun gleich eintreten oder noch durch eine weitere, noch schrecklichere Katastrophe sich ergeben, als allgemeiner Leittypus politischen Daseins nicht mehr bestehen.“[i]

Analog zur Atomspaltung, die aus der Einsicht in die uns umgebende Natur entstand, werden wir aber auch mit einer „Persönlichkeitsspaltung“[i] konfrontiert, die der mit dem „Zivilisationsprozess“ verbundene „Gesamtverapparatung“[i] und Funktionalisierung folgt. Das dem „Rivalitätsstaat“ entsprechende, „um Freiheit und Menschlichkeit integrierte Menschentum“[i] mitsamt seinen heute problematisch erscheinenden herrschaftlichen Tendenzen wird durch den „vierten Menschen“ bedroht. Ernst Riggert hat im Anschluss an Alfred Weber, dem Lehrer Franz Kafkas und Erich Fromms diesen aus den ideologischen Übermobilisierungen und technologischen Daseinsumwälzungen hervorgegangenen Typus folgendermaßen skizziert:

„Während der Typ, den Alfred Weber als `dritten Menschen´ bezeichnet, in seiner höchsten Prägung ins Allgemeinmenschliche ausläuft, ist der `vierte Mensch´ eben die Verneinung des allgemeinmenschlichen, des Menschen Verbindenden. Er umschließt Noch-Menschliches mit der Fähigkeit zu außermenschlichem Handeln. Dieses fragmentarische, pluralistische Wesen `ohne regulierende und integrierende Menschlichkeitsmitte´ ist das Produkt zivilisatorischer Umstände, in denen der Mensch Spezialist und Funktionär der selbstgeschaffenen Struktur geworden ist. Er hat das Ganze aus den Augen verloren. Sein Bewußtsein erfaßt nur noch Bruchstücke und Zufälligkeiten. Er verliert sich an `Weltbilder´, die nur von einem Zerfall des Denkens zeugen. Er merkt nicht, daß er an der Nase herumgeführt wird.“[i]

Wenn wir also etwas von dem schöpferischen, enthusiastischen Menschen in uns bewahren wollen, müssen wir unter den neuen Bedingungen der Geschichte mit unseren Beständen haushalten. Vielleicht ist es bezeichnend, dass Irakli Kakabadse, der 1969 geborene Sohn des oben erwähnten Philosophen Surab Kakabadse als Zwölfjähriger seinem Vater einen Text vorlegte, den er mit „Die industrielle Zivilisation und ihre Opfer betitelte“[i] und der offenbar auf das interessierte Unverständnis seiner Eltern stieß. Surab Kakabadse lebte, trotz aller Kritik, noch ganz in der mentalen Atmosphäre der heroischen Industriezivilisation. Die ihm folgende Generation der „postindustrial boys“[i] muss ihr Überleben unter den Bedingungen des globalen digitalen Kapitalismus organisieren. Weder das existentielle Pathos der Sechzigerjahre noch der politische und ökonomische Aktivismus um die Jahrhundertwende können dabei fraglos beerbt werden. Vielleicht sind es aber auch ganz mittelmeerisch im Sinne Ossip Mandelstams nicht nur „praxis“ und „poiesis“, sondern auch die Theorie, der Wein und die Feste, die uns das Überleben auf unserem klein gewordenen Stern ermöglichen. Nur wenn vor allem dem Tragischen in der Geschichte[i] eine gehörige Prise Humor[i] beigefügt wird, ist das Leben erträglich, lebbar, durchzuhalten und entlockt dem „grauen Vogel“ vielleicht doch noch eine heitere Melodie. Für die Kulturwissenschaften hat Nicolaus Sombart[i] das Programm umrissen[i], das heute von Georgiern, Deutschen und den vielen anderen abzuarbeiten ist.:

„Wenn Alfred Weber noch in der Geschichte wurzelt, so hat er doch den `Abschied von der bisherigen Geschichte´ proklamiert, was natürlich heißt: Abschied von der europäischen Geschichtsphilosophie des 19. Jahrhunderts. Er ist damit in den Raum vorgestoßen, in dem das Verhältnis von Mensch und Erde in planetarischen Dimensionen zum Gegenstand einer ´nuova scienza´ werden mußte, die anthropologische, soziologische, ökonomische, demographische und ökologische Probleme als ebenso viele Aspekte der Art- und Erdgeschichte zu artikulieren versteht. Vielleicht war Alfred Weber der allererste, der als Einzelkämpfer, als bürgerlicher `Selbstdenker´ das Menschheitsbewußtsein an die schwelle begleitet hat, von der es fürderhin nurmehr von mit Computern arbeitenden interdisziplinären Teams weitergeführt werden kann.“[i]

Dr. phil. Zaza Schatirischwili

Otar Ioseliani und der Garten der Gemütsruhe

Der georgische Titel des letzten Films von dem Regisseur Otar Ioseliani lautet „Garten im Herbst“ (Jardins en automne, 2006). Kommt Ihnen das bekannt vor? – Es erinnert an Galaktion Tabidze[i]: „Garten im September“, „Garten im November“...

Isaiah Berlin unterschied die Denker und Schriftsteller in zwei Kategorien, in Fuchs und Igel. Der Fuchs kennt viele verschiedene Sachen, der Igel - eine große. Shakespeare gehört zum Fuchs, Milton zum Igel. Zu den richtigen Füchsen in der georgischen Poesie zählen sowohl Rustaveli[i] als auch Tabidze. Zu den Igeln gehören Guramischwili[i] wie auch Samadaschwili.[i]

Auch Otar Ioseliani ist ein Fuchs, der uns vormacht, ein Igel zu sein. Dafür hat er seine eigenen Gründe.

Ioseliani dreht immer denselben Film - seine eigene Art der Rezeption. Manchen gefällt das, manchen nicht, trotzdem halten alle ihn für einen wahren Regisseur.

Ich denke, Otar Ioseliani ist ein wahrer Poet – ein Dichter, der nach Galaktion Tabidze leben sollte. Zugleich ist Tabidze ein grosser Regisseur. Sein Schnitt ist unvergleichbar, wie z.B.: Im „Herbst `der Unbefleckten Entstehung´ in der Savanne der geistlichen Väter“5 - was für ein Übergang vom Palast ins Kloster! Oder im Gedicht „Über Edgar“,6 wo am Ende Wie von Sinnen stirbt der Februar im Garten“... „der Vorhang flattert wie ein angehauchtes Blatt7 – ein Schnitt ganz wie bei Hitchcock.

In seinen Filmen betont Ioseliani fast immer dasselbe: Wie die materiellen Dinge (April), Institutionen („Die Weinernte“), Systeme, Vorstellungen („Ein Sommer auf dem Dorf“) und Kapital („Günstlinge des Mondes“, „Und es ward Licht“, „Jagd auf Schmetterlinge“) das Menschliche von seinem Platz verdrängen.

Was bleibt am Ende? Wo ist der richtige Ort für uns? „Montag Morgen“ zeigt, dass dieser Ort in jenem „Florenz“ liegt, welches die Besucher nicht erkennen, dass dieser Ort in wahrer Freundschaft und Geselligkeit zu finden ist...

„Garten im Herbst“ ist der schlichteste, im Ausdruck genaueste und womöglich georgisch-asketischste Film Ioselianis. Platz für die Menschen ist in einem Garten – im Raum der Besinnung, wo jeder tief nachdenken soll.

Der Mensch wurde doch dafür geschaffen, um über den Schöpfer nachzudenken. Wozu sonst Eden, wenn nicht als ein ewiger Ort für die Besinnung in aller Gemütsruhe, als die „ewige Anlegestelle“?

Ioseliani sucht nach diesem Ort. Er dreht den Film „Un petit monastère en Toscane“. Für ihn ist Georgien immer noch jener Ort, wo reine Freundschaft, Geselligkeit und Besinnung möglich sind. Deshalb ist u.a. „die Rosenrevolution“8 für ihn metaphysisch unakzeptabel und kommt dem Eindringen der transnationalen Konzerne gleich, wonach kein Platz mehr für Trinker und Obdachlose bleibt.

Otar Ioseliani ist ein metaphysischer Obdachloser - ein Poet. Er möchte sagen, dass das Kloster - der Garten hier, in der Nähe ist, dass der Mensch nicht für ein illusorisches „Schaffen“, sondern für Besinnung und Poesie geboren wurde. Der Mensch bewohnt Eden immer noch und kann, wenn er das will, jeder Zeit real dazu gehören.

Die Gottesstadt (Augustin) - so wird Eden auch genannt, deren Zugehörigkeit eine göttliche Person für uns durch seinen Tod und seiner Auferstehung zurück gewonnen hat, Eden zu erreichen, ist schwierig, aber möglich: „Die Zeit der Erkenntnis kommt, denn Eden ist ständig da“ - so unterrichtete Merab Mamardaschwili9 uns sein ganzes Leben lang.

Genau deshalb gibt es das kleine Kloster in der Toskana, Poesie von Tabidze und „Garten im Herbst“!

Aus dem Georgischen von Mzia Maisuradze-Stolley

Mamuka Areschidze (Kaukasus Experte)

Grundtendenzen der russischen Politik in Abchasien im XIX. und Anfang des XX. Jahrhunderts

«... Abtrennung Abchasiens von Georgien wird durch mehreren Überlegungen diktiert und eine Verlangsamung der Verwirklichung dieses Prozesses kann sehr unerwünschte Folgen haben»


Diese Wörter stammen nicht von heutigen russischen Politikern. Das ist ein Auszug (Zitat) aus dem Bericht des Militärattachés der russischen Förderation P. Sitin, der am 22. April 1921 an seine Regierung Bericht erstattete.

Versuche, die georgische territoriale Einheit zu zerstören, gehörten, angefangen von 1801 (Annexion Georgiens durch Russland) bis heute, zur Grundmethode der russischen Politik. Diese Politik wurde in verschiedenen Regionen Georgiens sehr aktiv betrieben: In Schida Kartli (heutige Süd-Ossetien), in Adscharien, in Dschwacheti (wo Armenier leben), in Kvemo Kartli (aserbaidschanische Bevölkerung), in Samegrelo, und besonderes in Abchasien.

1810 hat Russland das Fürstentum Abchasien an sein Territorium angeschlossen. Ursprünglich hatte Russland ausschließlich ein geopolitisches Interesse an Abchasien gehabt (Vertreibung der Osmanen von der Küste und Herstellung der Kontrolle über diese Region).

Mitte des XIX. Jahrhunderts berücksichtigten die russischen Beamten aus eigenem Interesse und mit allen Mitteln betont die «historischen Gegebenheiten» und versicherten, dass Abchasien ein Teil des staatlichen und politischen Organismus Georgiens sei. Zum Beispiel schreibt am 27. Oktober 1803 der General P. Zizianow an Graf Woronzow: «Unter anderem halte ich mich für verpflichtet, die Geschichte der Kalesh-Bek (gemeint ist der Fürst von Abchasien, Kelesh-Bek Scharvaschidze) und ihrer Besitztümer zu erwähnen. Im XV. Jahrhundert, genau 1414 nach Christus, als Iberien (alte Bezeichnung von Georgien. M.A.) nicht geteilt wurde, war der Kalesh-Bek bekannt als Scharwaschidze und sein Besitz war ein Teil der Regionen Iberiens.» Diese Position war für das russische Imperium notwendig. Damit wollte es vor den europäischen Augen seine Expansionspolitik rechtfertigen. Sie nahmen einen Teil Georgiens (gemeint ist das Königreich von Kartli und Kacheti, das 1801 annektiert wurde) und notwendig ergab sich daraus die Einnahme auch der anderen Teile des Landes, um die geistige und staatliche Einheit Georgiens nicht zu «zerstören».

Aber nachdem Russland in Georgien Fuß gefasst hatte, wurde das klassische Projekt des «Teile und Herrsche» ausgearbeitet. Die Abchasen besaßen niemals ein Alphabet bzw. eine Schriftsprache. Sie benutzten das georgische Alphabet. Das georgische Alphabet und die Sprache wurden daher das Hauptziel des Imperiums. E. Wedenbaum, eine damals bekannte russische Persönlichkeit, schrieb: «Die abchasische Sprache, die keine Schriftsprache und Literatur besitzt, ist in der näheren Zukunft vom Verschwinden bedroht. Die Frage ist, durch welche Sprache wird sie ersetzt? ... Es ist klar, dass der Träger der kulturellen Idee, die verbreitet werden soll, nicht Georgisch sondern Russisch sein muss... Deshalb kann nicht die Sicherung der abchasischen Schriftsprache unser Ziel sein, sondern die Schwächung des in den Schulen und Kirchen gebräuchlichen Georgisch, die es peu a peu gegen die Staatsprache auszuwechseln gilt.»
Die georgische Sprache wurde in den abchasischen Kirchen verwendet. Am 3. September 1893 hat die heilige Synode entschieden, dass «die Gottesdienste und alle christlichen Bräuche in den abchasischen Gemeinden in slawischer Sprache durchgeführt werden sollen».
Das Ziel der russischen Machthaber war die endgültige Abtrennung Abchasiens von der Georgischen Kirche. Diesbezüglich schrieben der Zivilverwalter, der kaukasische Fürst Golizin und der EXARCHOS Georgiens Aleksei an den Oberprokurator der Synode: «Die Eparchie von Suchumi ist am besten von solch unerwünschten Einflüssen Georgiens abzutrennen. Mit diesem Ziel wäre es sinnvoll, die Eparchie von Suchumi mit der von Kuban zusammenzulegen». Nach diesem Beschluss sind im abchasischen Priestertum endgültig die nichtrussischen Priester entmachtet worden. «Beim Einsetzung des russischen Priestertums im Sukhumi Kreis – schrieb der Militärgubernator, der General Gerschelmann – können die Kirchenschulen sich dort ungefährdet entwickeln und werden später den Zusammenschluss der Bevölkerung mit den Russen befördern». Generell war der wichtigste Faktor der russischen Politik nicht nur die Assimilation der dortigen Bevölkerung, sondern auch die Kolonisierung der gesamten eingenommenen Territorien, Umsiedlung der russischen und anderen dem Imperium gegenüber loyal eingestellten ethnischen Gruppen, aber darüber noch etwas später...

1877 brach in Abchasien eine «anti-kolonistische Meuterei» (Aufstand) aus (nach Bewertung des abchasischen Historikers S. Lakoba). Die russische Administration hat diesen Aufstand niedergeschlagen. Von diesem Augenblick an beginnt eine zum Teil zwangsweise, zum Teil freiwillige Umsiedlung der Abchasen (überwiegend muslimischer Teil) in die Türkei. Der oben genannte S. Lakoba bemerkte diesbezüglich, dass Russland ein Abchasien «ohne meuterische Abchasen» brauche. Es ist interessant, anzumerken, dass Lakoba heute ein Apologet des Separatismus ist und seine eigenen Bewertungen vergisst. Wegen des Aufstands von 1877 wurden die Abchasen offiziell zum «schuldigen Volk» erklärt («Schuldige Bevölkerung», Beschluss vom 31. Mai 1880). Nach dem Aufstand haben hochrangige Beamte der Svjatopoka Mirskii einen Plan zur Deportation der Abchasen ausgearbeitet. « ...es gibt nur dieses eine radikale Mittel, um jegliche Gefahr durch den Suchumier OTRJAD (administrative Einheit Abchasiens. M.A.) für uns abzuwenden – das ist die Umsiedlung der abchasischen Bevölkerung in die Türkei», was auch gelungen ist.
Genau nach diesem Ereignis ist eine massive Kolonialisierung Abchasiens in Gang gekommen. «Die russische Kolonisierung des Gebiets (...) verfolgt die staatlichen Interessen in politischer Hinsicht. Die Abchasen, welche die Mehrheit der Bevölkerung darstellen, sind bis heute kulturell sehr wenig entwickelt, auch intellektuell wenig entwickelt, sowie in sozialer Hinsicht unbeständig in ihrer religiösen Festlegung und durch das Fehlen ihrer politischen Loyalität, die nicht einmal gezeigt wurde, gekennzeichnet. Das alles zwingt uns zu besonderer Aufmerksamkeit ihnen gegenüber. Helfen können wir in dieser Sache, indem wir russische Bevölkerung dort ansiedeln. (...) Die beste Lösung, dies zu verwirklichen, ist außer Frage die Kolonisierung dieses Gebiets durch russische Bevölkerung», - schreibt General Gerschelmann. Der russischer Plan der Einnahme von Abchasien und dessen Abtrennung von Georgien bestand aus folgende Etappen: 1. Änderung der Orientierung von einer progeorgischen zu einer antigeorgischen; 2. Maximale Säuberung des Gebiets vom abchasische Ethnos; 3. Kolonisierung Abchasiens; 4. Maximale Assimilierung der verbliebenen Restbevölkerung.
Die Verwirklichung des letzten Punktes durch den Zarismus ist nicht gelungen. Obwohl Anfang des XX. Jahrhunderts in Abchasien eine soziale Schicht formiert wurde, die unter dem starken Einfluss Russlands stand und die in der georgisch-abchasischen sowie unter der abchasischen Bevölkerung selbst die Funktion einer «Fünften Kolonne» erfüllte.
1917, nach dem Zusammenbruch des Zarismus, hat das bolschewistische Russland 1920 die Unabhängigkeit Georgiens anerkannt, eingeschlossen Abchasien, als Teil Georgiens. Trotzdem haben sie das Land 1921 vollständig annektiert.
Der sowjetische Plan der Abtrennung von Abchasien beinhaltete nicht die Säuberung Abchasiens von Abchasen, sah aber einen parallelen Prozess der Kolonisierung vor. Die Regierung Russlands verließ sich genau auf die soziale Schicht, die in jener Zeit die imperialistische Administration aufgebaut hatte. Die Vertreter dieser Schicht stammten zumeist aus den niedrigsten sozialen Schichten, die eine spezielle Ausbildung in Petersburg erhalten hatten. Die Vertreter dieser «neuen Intelligenzija» haben von Anfang an die antigeorgische Hysterie eingeschürt, die bis heute anhaltend ist. Deren Hauptziel war die Erschaffung einer neuen abchasischen Literatur und die Einflussnahme auf die abchasische Gesellschaft durch die Verfälschung der Geschichte. Ein Teil der abchasischen Intelligenzija und Aristokratie hat die konfrontative Gegenüberstellung der georgischen und abchasischen Völker als Tragik verstanden. In der letzte Periode des Zarismus und der Demokratischen Republik Georgien (1917-1921), die sich gegen die «neuen Intelligenzija» maximal gewehrt hat. Aber nach der zweite Annexion Georgiens durch Russland 1921 hat sich alles geändert. Die progeorgische Intelligenzija und Aristokratie wurde liquidiert und die Initiative ist in die Hände der «neue Intelligenzija» übergegangen. In den ersten Jahren der Entstehung des sowjetischen Regimes wiederholte sich dasselbe, was nach der Einnahme Georgiens durch Russland schon zuvor geschah. Das oben genannte Zitat aus dem Bericht des Militärattachés der russischen Föderation P. Sitin dient als klarer Beleg dafür, dass die Abtrennung Abchasiens von Georgien ein Ziel der neuen russischen Administration blieb und sie dafür die örtliche «Intelligenzija» instrumentalisierte. P. Sitin, der seine Unzufriedenheit wegen des Chauvinismus der «kleinen Völker» (gemeint sind Georgier. M.A.) zum Ausdruck bringen wollte, schrieb: «Eine der Präventionsmaßnahme gegen örtliche Chauvinisten (...) ist die ständige Stationierung von Einheiten der Krasnaja Armia der UdSSR in Georgien (...) die zweite Maßnahme zur Schwächung des georgischen Chauvinismus ist sowie territorial als auch wirtschaftlich (...) die Abtrennung Abchasiens. Es ist dringend notwendig zu Errichtung der Grenze zur Russischen Föderation auf dem rechten Ufer von Bzipi, also unmittelbar in Nachbarschaft von Abchasien. Wenn es notwendig ist, werden wir das z.B. durch eine Volksbefragung über die gewünschte Form der administrativen Regelung entscheiden. Es besteht kein Zweifel, dass die abchasische Bevölkerung für einen Anschluss an Russland stimmen wird. Ein solcher Akt wird außerdem enorme strategische und politische Bedeutung für die RSFSR haben. Damit gehen bedeutende Güter dieses Landes in unsere Hände über.» Für P.Sitin reicht die Abtrennung Abchasiens von Georgien nicht. Er berichtet an die russische Regierung: «Achten sie auf Megrelien», das «unmittelbar durch den Fluss Enguri an Abchasien grenzt und sich Richtung Süden bis zum Fluss Rioni ausdehnt. Dieses Territorium mit der Mündung des Rioni, wo schon seit langem ein Hafenprojekt besteht (gemeint ist Poti. M.A.), kann Batumi (Hafenstadt. Übersetzt.) ersetzten. Das Territorium ist ziemlich groß und in strategischer Hinsicht kann es direkt der RSFSR untergestellt werden, wenn den Abchasen und den Megrelen eine Autonomie gegeben wird.» P. Sitin verheimlicht nicht, dass das »ein Weg der Zerteilung der georgischen Republik in autonome Gebiete, (...) die der RSFSR unterstellt werden...», sein wird. Weiter: «diese Einheiten brauchen weniger Aufmerksamkeit (...) es ist kein Zweifel, dass die Autonomieregelung für diese kleine Republik sich wohltuend auf die Beziehungen zur RSFSR auswirken wird, aber auch auf deren eigenes Wohl...»
Das ist nicht die Position von einigen russischen Beamten. Das ist ein ewiger Plan der russischen Politiker, dessen Realisierung vor 150 Jahren angefangen hat. Deswegen verlassen die russischen Militärs heute Megrelien nicht und werden Abchasien auf lange Zeit nicht verlassen.

Dr. Lascha Bakradse (Germanist, Historiker, Publizist)

Territoriale Entwicklung Georgiens unter der Herrschaft des Russischen Reiches

„Die Tore des Kaukasus, die du öffnest - wer wird sie denn wieder zumachen können?“, wurde der letzte ostgeorgische König Georg XIII. von seinem Berater Dawid Tscherkesischwili gefragt. „Ich mache die Tore für die Christenheit auf und wenn es nötig

sein sollte, wird der Gekreuzigte selbst diese Tore schließen“ [i], antwortet der König.

Im Jahr 1799/1800 kam Russland durch diese Tore „endgültig und unumkehrbar“, wie die Russen behaupteten, und Georgien gelingt es zwei Jahrhunderte lang nicht, die Tore zu schließen, weder mit der Hilfe Jesu, noch auf die ausländischen „Freunde“ hoffend.

Am 28. Dezember 1800 starb der König Georg XIII.[ii] Am 18. Januar 1801 veröffentlichte der russische Zar Pawel I. in St. Petersburg das Manifest über die Eingliederung Ostgeorgiens ins Russische Reich, das ein Monat vorher geschrieben und schon am 22. Dezember vom Zaren unterschrieben worden war (also noch zu Lebzeit des Königs).

Der angeblich geistig labile Zar wurde am 12. März von Verschwörern ermordet. Sein Sohn und Nachfolger, Alexander I. sollte das Eingliederungs-Manifest erneuern.

Der „Vatermörder“ Alexander I. wurde von Gewissensbissen geplagt und weigerte sich, das Manifest zu bestätigen mit der Begründung, dass die Absetzung der von Gott gesalbten Dynastie und die Aneignung des fremden Besitzes nicht gerecht sei. Der russische Senat sah aber den Nutzen der Annexion und wich nicht von dem einmal gewählten Weg ab. Am 12. September unterschrieb der Zar das neue Manifest, das die vollständige Annexion ohne Umschweife festlegte, mit der Begründung, dass das Reich die neuen Untertanen vor innerer Anarchie und äußerer Aggression schützen wolle, was mit selbstherrlichen Worten umschrieben wurde: „Nicht zum Wachstum unserer Macht, nicht aus Habgier, nicht um die Grenzen des ohnehin schon größten Reiches der Welt weiter auszudehnen, haben wir die Last der Verwaltung des Georgischen Zarentums auf uns genommen.“[iii].

Die georgische Gesandtschaft in St. Petersburg war überrumpelt von den sich überstürzenden Ereignissen. Der georgische Botschafter Garsewan Tschawtschawadze schrieb nach Tiflis, dass keine der Forderungen des Königs Georg erfüllt worden war – „unser Königreich wurde aufgelöst und wir wurden nicht unter Schutzherrschaft genommen. Kein Land ist so gedemütigt wie Georgien.“ [iv]

Was trieb aber Georgien in die Hände Russlands?

1443 zerfiel der einheitliche georgische Staat in die Königreiche Kartli, Kacheti (Ostgeorgien) und Imereti (Westgeorgien), von dem sich nach und nach die Großfürstentümer Abchasien, Megrelien, Gurien und das Bergland Swanetien loslösten, sowie das südgeorgische Atabagentum[v] Samzche (oder Mes’chetien). Dieses wiederum wurde, als dem Osmanischen Reich am nächsten liegendes Territorium, im Laufe der Jahrhunderte islamisiert. Es verlor seine Unabhängigkeit und wurde 1625 zum Pashalik von Achalziche degradiert.[vi]

Dennoch blieb dieser Teil Georgiens, sprachlich und kulturell georgisch, eng mit den restlichen Teilen verbunden, oft ein Rückzugsgebiet für Bedrängte und Verfolgte in anderen Teilen Georgiens.

In allen drei georgischen Königreichen herrschte die Dynastie der Bagrationi, in den Großfürstentümern die Herrscherfamilien – Scherwaschidze, Dadiani und Gurieli, die schon in den Zeiten des einheitlichen georgischen Staates die Provinzherrschaft innehatten.

Die prinzipielle Loyalität gegenüber der Bagrationi-Dynastie war ein Überbleibsel des Einheitsgedankens des georgischen Staates.[vii]

West-Georgien war Einfluss-Sphäre des Osmanischen Reiches, Ost-Georgien des Persischen. Weder vom Osmanischen noch vom Persischen Reich wurde sogar in den schlimmsten Unterdrückungs- und Besetzungszeiten die innere Autonomie der georgischen Staaten angezweifelt.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einigte König Erekle die Königreiche von Kartli und Kacheti und befreite sich von der Botmäßigkeit des Persischen Reiches und mehr – die persischen Khanate von Eriwan und Ganja machte er tributpflichtig. Die Lage war auf den ersten Blick besser als in den letzten Jahrhunderten, aber der König wusste, dass das christliche Georgien, umgeben von islamischen Ländern und Völkern, einen mächtigen Beschützer brauchte. Die seit Jahrhunderten währenden Versuche georgischer Teilstaaten, europäische Mächte für Georgien zu interessieren, scheiterten. Eine andere Richtung der georgischen Außenpolitik war – Russland (sozusagen „Secondhand-Europa“, aber natürlich ein modernerer Staat als das persische und das osmanische Reich). Am Ende des 18. Jahrhunderts rückte Russland bis zu den Kaukasischen Bergen vor. Nach dem Krieg gegen das Osmanische Reich, durch den Frieden von Küçük Kaynarca 1774, bekam Russland freie Hand auf dem Schwarzen Meer (das bis dahin von den Türken als Binnensee betrachtet wurde) und im Norden des Kaukasus. Dafür erkannte Russland die Rechte des Osmanischen Reiches auf Megrelien und Imereti(en) an, die im Krieg auf russischer Seite kämpften und nach dem Vertrag in eine sehr prekäre Lage gekommen sind.

1774 bekam Russland die Oberhoheit über die Kabardei, mit dem ersten Volk in Nordkaukasien, mit dem Russland schon im 16. Jh. in Berührung gekommen war. Der erste russische Zar – Iwan der Schreckliche – heiratete die kabardinische Fürstentochter Guashenei (nach der Taufe Maria, 1561-69). Im gleichen Jahr 1774 anerkannte Russland als Schutzmacht die Adligen einiger ossetischer Gemeinschaften.[viii]

Nach Küçük Kaynarca baute Russland im Kaukasus-Vorland die Kaukasische Linie aus, mit der Festung Mosdok in der Mitte, die auf dem Weg nach Georgien lag.

1783 wurde in der Festung Georgijewsk im Nordkaukasus ein Vertrag zwischen Georgien und Russland ausgehandelt, wonach das Königreich Kartli-Kacheti unter das russische Protektorat gestellt werden sollte. Dem Vertrag war es nicht beschieden, jemals in Erfüllung zu gehen – er bildet aber die Grundlage der Russisch-Georgischen Beziehungen. Daran appellieren, zumindest moralisch, beide Seiten oft in Streitfällen.[ix] Ihm zufolge sollte Russland Georgien vor feindlichen Mächten schützen und außenpolitisch vertreten, dafür sollte Georgien Russland in den Kriegen gegen das osmanische und persische Reich beistehen. Die innere Verwaltung, Rechtsprechung und die angestammte Königsdynastie sollten Georgien aber erhalten bleiben. Außerdem schrieb der IV. Paragraph des geheimen Zusatzes des Vertrages vor, dass Russland die Verpflichtung übernahm, nach Möglichkeit die Territorien, die „seit alters her“ dem georgischen Königreich gehörten, der georgischen Krone wieder zuzuführen.[x]

1795 unternahm der persische Schah Aga-Muhamed Chan eine Strafexpedition gegen Georgien. Tiflis wurde niedergebrannt und dem Erdboden gleich gemacht. Russland stand Georgien nicht bei. Das geschwächte Georgien war eine bessere Beute für Russland.

Nach dieser Invasion und nach dem Tod von Kaiserin Katharina II. und König Erekle (Heraklius) II. wurde der Vertrag 1799 erneuert.

1784 baute Russland die Festung Wladikawkas (auf dem einzigen Verkehrsweg zwischen Nord- und Südkaukasus, südlich von Mosdok, vor den Toren des Kaukasus – Darial-

Schlucht), deren Name Programm ist – „Beherrsche den Kaukasus“[xi]

Nach dem Anschluss Georgiens an das Reich schrieb am 12. September 1801 der Zar dem Chef der Armee in Kaukasien, dem de facto Statthalter Knorring: “…was die Königsfamilie betrifft, für die Beruhigung des Landes und zur Vermeidung der Verbreitung von schädlichen Gesinnungen, wäre es wünschenswert, dass beide Zarinnen und alle Prinzen, besonders die Unruhigen, zur Zusage bewegt werden, nach Russland überzusiedeln”.

1802 bekommt der neue Verwalter Georgiens, offiziell oberster Chef der russischen Armee in Kaukasien, der georgischstämmige Pawel Zizianov, vom Zaren direkte Anweisung zur

Deportation der Königsfamilie.[xii]

Die Prinzen, die zu dieser Zeit in Petersburg waren, durften nicht mehr nach Georgien reisen. Der Thronfolger Dawid, der von den Russen nominell zum Verwalter Georgiens gemacht wurde, bat die Russische Regierung ihn wenigstens nach Europa ausreisen zu lassen, aber es wurde ihm strickt untersagt. Die Russen verdächtigten ihn und anscheinend nicht grundlos, dass er zu Napoleon überlaufen wollte, den er verehrte. (Er betrachtete sich selbst als Voltairianer und übersetzte ihn ins Georgische.)

Zwei Prinzen (Julon und Farnaos, die später nach dem misslungenen Aufstand von 1804 verhaftet und deportiert wurden) flohen nach Imeretien (Westgeorgien). Der Prinz Alexander, Sohn von Erekle, einer der entschiedensten Gegner des Anschlusses und bis zum bitteren Ende erbittertster Kämpfer gegen Russland, befand sich seit langem in Persien. Ein anderer Prinz (Teimuras) folgte ihm nach Persien.

Gleich nach der Ankunft von Zizianow in Georgien 1803, ließ er zwei Prinzen, darunter Thronanwärter Dawid, verhaften und deportieren.

Als die Königin Maria, Witwe des letzen Königs, zum Verlassen des Landes gezwungen werden sollte, erstach sie den General Lasarew. Sie wurde verhaftet, deportiert und in einem Kloster neben Woronez 8 Jahre lang eingesperrt.

Die uralte Königin Darejan, die Witwe von Erekle, die von den Russen als Fadenzieherin der antirussischen Verschwörung angesehen wurde, wurde auf ihrem Sitz in Muchrani von 2 Kompanien der russischen Armee umzingelt und gezwungen, nach Russland zu emigrieren.

Auch zweitrangige Mitglieder der Königsfamilie wurden in verschiedene Teile Russlands verbannt, insgesamt mehr als 100 Familienmitglieder.

Der Unmut über den Anschluss war groß. Es kam zu Aufständen 1802, 1804, 1812 (man kann sagen, dass 1802 bis 1812 permanente Unruhe herrschte) und zur Verschwörung des georgischen Adels 1832, der kurz vor dem Aufstand verraten wurde.[xiii]

Nach dem Anschluss Ost-Georgiens war klar, dass Russland zur mächtigsten Regionalmacht im Südkaukasus aufgestiegen war und dass Westgeorgien nicht außerhalb dieses Prozesses bleiben konnte.

Die Einmischung in die imeretischen Angelegenheiten, obwohl Imeretien durch Russland als osmanische Einflusssphäre anerkannt war, war so stark, dass der imeretische König Solomon II. versuchte, mit Russland günstigere Abkommen auszuhandeln, bevor es zur offenen Annexion kommen konnte. 1803 schickte er eine Gesandtschaft nach Petersburg unter der Führung von Solomon Leonidze, dem früheren Kanzler des Königs Erekle, der ein Gegner Russlands gewesen war. Imeretien wollte breite innere Autonomie erzielen und wie Ostgeorgien wollte es mit Hilfe Russlands die Oberhoheit über die Territorien, die seine Krone untertan hielt - Megrelien und Abchasien – wiedererlangen. Russland versuchte, Solomon II. unter Druck zu setzten – unterbrach Verhandlungen, schickte die imeretische Delegation zurück und befahl Solomon Leonidze in Tiflis zu behalten. Russland schlug seine Bedingungen des Anschlusses vor, die der imeretische König nicht unterschreiben wollte.

Im gleichen Jahr 1803, sandte Zar Alexander I. eine detaillierte Instruktion an Zizianow zur Annexion des ganzen Südkaukasus. “Beginnen sie mit dem Aufbau des unbehinderten Verkehrs zwischen Baku und Georgien, der nach der Eroberung von Imeretien und Megrelien, das Kaspische Meer mit dem Schwarzen Meer verbinden wird – und unserem Handel neue Wege öffnen wird.[xiv]

1804 wurden russische Armeeeinheiten an den Grenzen und in den Grenzdörfern Imeretiens aufgestellt. Unter diesem Druck sah König Solomon II. sich gezwungen “die Punkte” des Anschlusses zu unterschreiben. Am 4. Juli 1804 wurde Imeretien mit höchstem Dekret unter russische Schutzherrschaft gestellt.[xv]

Das Misstrauen zwischen beiden Seiten war aber sehr groß.

Die Russen besetzten die Hauptstadt Imeretiens: Kutaisi. Im Königspalast, der später von den Russen zerstört wurde, hausten die Offiziere. Der unter „Schutz“ genommene König wurde zum Gejagten im eigenen Land. Dennoch wurde er 1810, unter dem Vorwand, mit ihm verhandeln zu wollen, und unter dem Schwur, dass ihm freies Geleit sicher sei, in ein Dorf nahe Gori (Ost-Georgien) gelockt und gefangen genommen. Er floh aus der Gefangenschaft in Tiflis und entzog sich damit der Deportation.

Solomon II. organisierte einen Aufstand in Imeretien. Nach der Niederschlagung floh er ins osmanische Reich, wo er 1815 in Trapezund starb. Er erlebte nicht mehr den erneuten Aufstand in Westgeorgien 1819-20.

In Trapezund starb auch 1829 die Witwe des gurischen Großfürsten. Sie war mit ihrem nicht volljährigen Sohn Dawid geflohen, als dieser von den Russen nicht als nächster Großfürst bestätigt wurde. Gurien befand sich seit 1810 unter russischer Oberhoheit, seit das imeretische Königreich aufgelöst worden war.

1830 wurde das Großfürstentum Gurien offiziell aufgelöst.

Ein ähnliches Schicksal ereilte Megrelien und Abchasien. Die Autonomie dieser Großfürstentümer wurde stufenweise ausgehöhlt und später gänzlich aufgelöst. 1856-1857 gab es einen Bauernaufstand in Megrelien, der auch gegen das Herrscherhaus gerichtet war.

Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurde die Großfürstin Katarina, übrigens die Enkelin des georgischen Botschafters in Russland vor der Annexion – Garsevan Tschatschawadze – nach Petersburg gebracht und als ihr Sohn Nikolaus (Niko) Dadiani volljährig wurde, wurde er entgegen dem Versprechen nicht zum Großfürsten bestätigt. Er hatte abzudanken, wofür er eine Entschädigung von 1 Million Rubel bekam.[xvi]

Faktisch war das megrelische Großfürstentum 1857 aufgelöst, was aber erst 1867 offiziell besiegelt wurde.

1808 bat der abchasische Großfürst Kelesh-Bey um Protektorat.

1810 eroberten die Russen die türkischen Festungen am Schwarzen Meer - Poti und Sochumi. In Abchasien ernannten sie Safar-Bey, nach der Taufe Georg Scherwaschidze, zum Großfürsten. Aber seine und der Russen Herrschaft entfaltete sich ausschließlich innerhalb der Sochumi-Festung, weil sogar seine Brüder ihm wegen seiner prorussischen Politik die Gefolgschaft versagten. Als er 1812 starb, kam es zum Angriff der abchasischen Aufständler auf Russen in Sochumi, der misslang. 1821 kam zu einem erneuten Versuch, die Russen aus Abchasien zu vertreiben, und dann noch einmal 1824.

Der in Russland aufgewachsene Dimitri Schertwaschidze wurde zum Großfürsten ernannt. Er wurde vergiftet und starb 1822.

Sein Bruder Michael (16 Jahre alt), der zum Großfürsten von russischen Gnaden gemacht wurde, war schwach und unpopulär – eigentlich übernahmen die Russen die Verwaltung vollständig. Michael bat 1847 die Russen, ihn von dieser Verantwortung zu entbinden. Aber die Russen ließen ihn nicht abdanken – der Krieg im Kaukasus war noch nicht zu Ende, und der offensichtliche Anschluss Abchasiens schien ungünstig. 1863 wiederholte er seinen Wunsch und bat seinen Sohn zum Großfürsten auszurufen.

1864 trafen dort, wo sich heute Krasnaja Poliana befindet (etwa 20 km von der georgischen Grenze entfernt) von vier verschiedenen Richtungen vordringende russische Armeen aufeinander. Dieser Tag – der 21. Mai - wurde offiziell als Ende des fast 100 Jahre andauernden Kaukasus-Krieges proklamiert. Der auf diesem Territorium siedelnde letzte im Kaukasus Widerstand leistende Stamm der Ubichen wurde von den Russen vollständig ausgelöscht. Just zum 150 jährigen Jubiläum dieses ruhmreichen Blattes der Russischen Geschichte – 2014 – wird die Winterolympiade genau an diesem Ort stattfinden.[xvii]

Hunderttausende Tscherkesischstämmige und andere Kaukasier wurden gezwungen, ihre Siedlungen zu räumen und in das Osmanische Reich zu übersiedeln (Muhadschir-tum). Abertausende starben schon unterwegs. Von wahrscheinlich mehr als 2 Millionen Tscherkesen Anfang des 19. Jahrhunderts blieben im Kaukasus am Ende des Jahrhunderts nicht mehr als Fünfzigtausend[xviii] (die Hochrechnungen weichen stark voneinander ab).

1864, als der Westkaukasus so „pazifiziert“, oder mit modernen Worten gesagt, „zum Frieden gezwungen“ wurde, war Abchasien an der Reihe – das Großfürstentum Abchasien wurde aufgelöst und Michael, der den Russen gegenüber die ganze Zeit loyal blieb, wurde aufgefordert Abchasien zu verlassen. Als er sich weigerte, nahmen die Russen ihn gefangen, beschlagnahmten seinen ganzen Besitz und deportierten ihn nach Russland. Ein Jahr darauf starb er. Seine Überreste wurden 1865 nach Abchasien gebracht.

Nach der Einführung der russischen Verwaltung 1866 brach in Abchasien erneut ein Aufstand aus, der brutal niedergeschlagen wurde. Die moslemischen Abchasen wurden gezwungen, in das osmanische Reich zu emigrieren.

Nach dem Beginn des erneuten Russisch-Osmanischen Krieges 1877 kam es zur wiederholten Erhebung in Abchasien. Nach dem „zur Ruhe bringen“ («приведение к спокойствию») emigrierte ein Großteil der Abchasen (hauptsächlich die moslemische Mehrheit) ins Osmanische Reich. Die Abchasen wurden zu einer Minderheit in ihrer eigenen Heimat, Minderheit durch die russische Politik (und nicht durch böse Machenschaften der Georgier). Der Rest der Abchasen war leichte Beute für die Russifikationspolitik.

Graf Panin, einer der wichtigsten Politiker zu Zeiten Katharina II, träumte schon im 18. Jahrhundert – dusha russkaja, telo tamoshoe (Seele ist russisch, Körper von da).[xix]

Der militärischen Angriff der Russen auf das Großfürstentum Swanetien 1857 zwang den Großfürsten Konstantin Dadesckeliani, den Gouverneur Gagarin in Kutaisi aufzusuchen. Er wurde dort unter Hausarrest gestellt. Nach einem demütigenden Gespräch tötete der Großfürst den Gouverneur. Konstantin wurde gefangengenommen und später erschossen. 1858 wurde das Großfürstentum aufgelöst. Das sogenannte freie Swanetien sollte noch später erobert werden.

Das nennt die russische Geschichtsschreibung die friedliche und freiwillige Eingliederung Georgiens.

So sahen es auch die freiheitsliebenden russischen Intellektuellen. Lermontow schrieb in seinem berühmten Poem „Mziri“:

И божья благодать сошла

На Грузию! Она цвела

С тех пор в тени своих садов,

Не опасаяся врагов,

3а гранью дружеских штыков.

„Und der Segen Gottes kam

über Georgien! – Es blühte

seit dem im Schatten seiner Gärten,

ohne Angst vor Feinden,

hinter der Mauer der freundlichen Bajonette.“

„Und Gottes Segen kam ins Land
Georgien, das in Blüte stand
seither in schattger Gärten Kleid,
von aller Feindesfurcht befreit,
durch Freundes Wehr in Sicherheit.“[xx]

Ilia Tschawtschawadze übersetzte diese Zeilen wie folgt:

“mas aqeT raca kurTxeva RvTisa

mieca tanjuls iveriis ers,

rac kargi eqnas rusisa Stiksa, -

RmerTma im russve as-kecad misces“

Seit dem der Segen Gottes

über das gequälte Volk Iweriens kam,

all das Gute, was das russische Bajonett brachte

möge Gott den Russen hundertfach zurückgeben.

Und dennoch gab es Positives für Georgien. Das Wichtigste war: Es wurden die georgischen Teilstaaten schrittweise geeinigt. Mit der Eingliederung von Batumi und der südlichen Gebiete Georgiens (Berliner Vertrag 1878) in das russische Reich endete das „Sammeln der georgischen Länder“ unter der russischen Krone.[xxi]

Man könnte Parallelen ziehen zu gleichzeitigen Prozessen in Westeuropa: Zwischen der Einigung Georgiens (die zwar unter russischer Fremdherrschaft verlief, aber doch stattfand) und der staatlichen Einigung deutscher Einzelstaaten (1871), oder der Vereinigung Italiens (Risorgimento) in der gleichen Zeitperiode. Leider, im ist im Falle Georgiens diese Entwicklung unter dem Zeichen Einheit statt Unabhängigkeit verlaufen. (Anderseits denkt man in Russland – Wir haben Georgien vereinigt und wir werden das undankbare Land wieder zerstückeln.)

Russlands Ziel war natürlich nicht das „Sammeln“ der georgischen Provinzen[xxii] für die Zukunft Georgiens, dennoch wurde diese Entwicklung von der georgischen Elite, die an diesem Prozess aktivst teilnahm, so betrachtet und natürlich begrüßt. Dafür hat das georgische Volk in Kriegen an der Seite des Russischen Reiches (und nicht nur im Kaukasus), ein hohes Blutzoll entrichtet. Es könnte auch als einzige Erfüllung der russischen Versprechen von 1783 – Rückbeschaffung der georgischen Territorien – angesehen werden.

Kleiner Zusatz:

Als Russland zum Kaukasus vordrang, war Georgien das einzige Land im Kaukasus, das auf eine alte – ungebrochene staatliche, hochkulturelle, und hochsprachliche Tradition zurückblicken konnte. Der armenische Staat auf kaukasischem Territorium war schon im 11. Jahrhundert untergegangen. In Teilen Dagestans und in Aserbaidschan (die mehr oder weniger von Persien abhängig waren) gab es islamische Chanate und Sultanate, mit einer hierarchischen Sozialstruktur. Im übrigen Kaukasus kam es nicht zur Staatsbildung. Es gab eine differenzierte abgestufte Sozialstruktur bei den Kabardinern und weniger ausgeprägt bei den Ossen, eine patriarchalische egalitäre Ordnung bei den Tschetschenen, einem Teil der Dagestaner, Tscherkessen.

Als schwacher, aber unabhängiger Staat mit klar definierten Grenzen wurde Ostgeorgien und andere Teile Georgiens in Russland eingegliedert.

Da die territoriale Entwicklung Russlands grundsätzlich anders verlief als die der europäischen Staaten, gab und gibt es in Russland kein Verständnis für einen Nationalstaat, der aus sehr unterschiedlichen Provinzen bestehen kann, der auch ethnische Minderheiten inkludiert, aber für Deutsche, Italiener oder Spanier und für alle Europäer sind die Eigenheiten der verschiedenen Teile eine Selbstverständlichkeit.

Weil die einzige Existenzform des russischen Staates das Imperium ist und es eigentlich nie einen russischen Nationalstaat gab, können sogar demokratisch gesinnte russische Intellektuelle nichts mit der Freiheit und Unabhängigkeit der Völker innerhalb Russlands anfangen, eine andere Möglichkeit der Existenz Russlands als die eines multiethnischen, von den Russen dominierten Reichs, liegt jenseits ihrer Vorstellungskraft und es scheint ihnen das Imperium als natürlichste Form eines Staates – wahrscheinlich auch deswegen verstand der russische Freidenker Andrei Sacharow Georgien als „ein kleines Imperium“.[xxiii]

Vielleicht war dieses Missverständnis auch einer der Gründe, wegen derer die Versuche Russlands scheiterten, die georgische Nation in kleinere Einheiten zu zerstückeln, zum Beispiel die Megrelen und Swanen sowie die ostgeorgischen Bergstämme als eigenständige Ethnien von den anderen Teilen Georgiens abzuspalten. Die georgische Kultur und Sprache bildeten die Grundlage für ein Einheitsgefühl unter den verschiedenen Gruppen des georgischen Volkes, auch in den Zeiten, als Georgien kein einheitlicher Staat war.

So wie sich Deutschland im 19. Jahrhundert als Kulturnation verstand, so definiert sich auch Georgien als Nation, die durch eine einheitliche Kultur zusammengehalten wird. Im Unterschied zu Deutschland sind aber die Georgier nicht nur in zwei christliche Konfessionen geteilt - es gibt nicht nur georgische Christen (hauptsächlich Orthodoxe, und auch eine ganz kleine Minderheit von Katholiken), sondern auch georgische Moslems. Integrale Teile der georgischen Nation sind auch Swanen und Megrelen und die kleine Minderheit der in Georgien lebenden Lasen, die rein sprachwissenschaftlich betrachtet eine eigenständige Sprache besitzen, aber als Bildungs- und Schriftsprache Georgisch verwenden. Nicht nur als Georgier, sonder als zum georgischen Stamm der Ttuschen gehörig, versteht sich die kleine ethnische Gruppe der Zowa-Tuschen, die Bazbisch sprechen, das mit dem Tschetschenischen verwandt ist.

Aus dieser kulturhistorischen Gemeinschaft gelang es dem Russischen Imperialismus im Laufe des 20. Jahrhundert, nur die Abchasen, die sich von den Georgiern sprachlich und ethnisch unterscheiden, zu entfremden[xxiv]

1921 wiederholte sich, nach der kurzzeitigen Unabhängigkeit (1917/1918-1921) die Eroberung Georgiens.

Kurz vor der Eroberung am 02. 01. 1921 schickten Kirow und Ordschonikidze, die roten, russischen Imperialisten, unter „streng geheim“ einen 9 Punkte Brief über die Notwendigkeit und Möglichkeit der Eroberung Georgiens an das ZK der Partei nach Moskau:

„...Georgien kann ohne unsere Hilfe nicht sowjetisiert werden. 9. Anlass für unsere Einmischung in Georgien gibt es – dafür brauchen wir Georgien nicht offen zu überfallen. Es gibt die Möglichkeit, eine Bewegung zu erheben in Abchasien, Adjarien und in Borchalo Ujezd (Region).[xxv] [...] ...Möglich ist eine Situation, bei der wir als Erlöser des verfaulenden und in Anarchie versinkenden Georgiens in Erscheinung treten werden.“[xxvi]

So kam noch einmal für 70 Jahre der russische Soldat - der Befreier, wie es in schönem Russisch heißt (Воин-Освободитель) nach Georgien.

Jetzt beginnt (hoffentlich auch für Blinde ersichtlich) zum dritten Mal die Wiederkunft des russischen Reiches im Südkaukasus.



[i] platon ioseliani, zxovreba giorgi mezametisa, tbilisi 1978, S.116

[ii] Er wird oft auch als Georg XII. bezeichnet.

[iii] Zitiert nach Kappeler, Russland als Vielvölkerreich, München 1992, S.145.

[iv] П. Воронин, «История владычества русских на Кавказе», Санкт Петербург, 1871 г., том 3, стр. 432.

[v] Eine Art Herzogtum, Atabagi - ein nur für diese Provinz spezifischer Titel.

[vi] Allerdings blieb der Titel des Achalzichischen Paschas in den Händen der Herscherfamilie Jaqeli. Der Titel wurde ihr nur einige wenige Male, im letzten Jahrhundert ihrer Existenz, durch das Adjarische Fürstengeschlecht Chimschiaschwili und andere streitig gemacht.

[vii] In den Zeiten des Zerfalls wurde oft auch der Terminus „Sakartveloebi“ gebraucht – Georgien im Plural, oft wurden aber auch „Sakartvelo“ und „Kartli“ – Kernland Georgiens – als Synonyme benutzt.

Die Einheit Georgiens wurde 1790 durch den Vertrag der Einheit der Könige und Großfürsten Iweriens (Georgiens) bestätigt, unterschrieben von den kartli-kachetischen, imeretischen, megrelischen und gurischen Herrschern, der mit den Worten begann: Wir sind Söhne einer katholischen (im Sinne: allumfassenden) Kirche, Besitzer gleicher Sprache, verwandt durch Blut ...).

[viii] Putin sagt wissentlich die Unwahrheit, wenn er meint, dass Rußland 1774 auch für die Südosseten Schutzmacht geworden sei. In dieser Zeit gab es nur ein Ossetien und es befand sich nördlich der kaukasischen Bergkette. Südossetien ist eine rein russische Kreation. Erste Versuche, ein Territorium unter dem Namen Ossetien an den Südhängen des Kaukasus zu schaffen, wurden 1830 und dann 1842 bis 1859 (etwa ein Drittel des Territoriums des heutigen Südossetien) im Zarenreich unternommen. 1859 wurde die alte georgische Provinz – Dwaleti (das eigentliche südliche Ossetien), die nördlich der kaukasischen Wasserscheide lag, dem Vladikawkazer Okrug zugeschlagen.

Heute wird die Geschichte Südossetiens von russischen und russlandtreuen ossetischen „Wissenschaftlern“ umgeschrieben. Dieser „neuen Geschichtsschreibung“ erliegt sogar ein ehrenwerter Prof. Dr. jur. Otto Luchterhandt (Gescheiterte Gemeinschaft. Zur Geschichte Georgiens und Südossetiens. In: Osteuropa, 11/2008, S.97-110). Einen georgischen Blick auf das Problem, der leider auch einseitig ist, gibt z.B. für westliche Forscher in dem auf Russisch zugänglichen Sammelband „osetinskii vopros“, hrsg. von Akaki Bakradze und Omar Chubinishvili. Tbilisi 1994, wieder.

[ix] S. z.B. Die völkerrechtliche Stellung der Republik Georgien. Ein Gutachten von Prof. Franz v. Liszt - Berlin. Wien 1918.

[x]Артикул сепаратный четвертый Е.и.в. обещает в случае войны употребить все возможное старание пособием оружия, а в случае мира настоянием о возвращении земель и мест, издавна к царству Карталинскому и Кахетинскому принадлежавших, кои и останутся во владении царей тамошних на основании трактата о покровительстве и верховной власти всероссийских императоров, над ними заключенного.

[xi] Zu Sowjetzeiten schämte man sich für diesen Namen: Von 1931 bis 1944 und von 1954 bis 1990 hieß die an der Stelle der Festung entstandene Stadt - Ordschonikidse, nach dem Namen des georgischstämmigen Kommunisten, der sich bei der Wiedereroberung Kaukasiens für das Rote Russland verdient gemacht hatte. Das „neue“ Russland stellte den alten Namen der Stadt wieder her. Die Festung sollte eine zentrale Rolle beim Kampf gegen die kriegerischen Bergstämme des Kaukasus spielen und die Verkehrsverbindungen bei der Südexpansion des Russischen Reiches absichern.

[xii] Al. Manvelashvili. Ruseti da Sakarvelo (1801-1951), 1.Bd. Paris 1951, S. 193, S. 224-225.

[13] Die Verschwörer wollten eine konstitutionelle Monarchie in Georgien errichten, es gab aber auch Republikaner. Großen Einfluss auf die Verschwörer hatte der polnische Aufstand 1830 und die nach Georgien verbannten polnischen Aufständler.

[xiv] Akty archeologicheskoj Komissii Kavkaza, Tiflis 1864-1917, Bd. II, S.352.

[xv] Nach der Übername Imeretiens forderte Zizianow auch von Megrelien (mit dem Russland bereits seit Jahren Verhandlungen führte), mit der imeretischen auch eine megrelische Delegation nach Petersburg zu schicken.

[xvi] Später war er russischer Kandidat für den bulgarischen Thron. “Als Candidat Rußlands für den bulgarischen Thron wird der Fürst Nikolai Dawidowitsch Dadian von Mingrelien genannt, derselbe ist etwa 40 Jahr alt und hat sich – wie die Köln. Ztg. behauptet – den Ruf eines leichtfertigen, aber gutmüthigen Lebemenschen erworben. Er ist der directe Nachkomme des letzten von Rußland mediatisierten regierenden Fürsten von Mingrelien und würde unter anderen Umständen augenblicklich selbst regierender Fürst sein.“ (Neueste Mittheilungen, 11.12.1886).

[xvii] Wenn die deutsche Olympia-Mannschaft dorthin fährt, erinnern Sie sich bitte dran, dass sie dort auf blutgetränkter Erde steht – es genügt vielleicht nicht, nur über die Indianer Nordamerikas zu weinen.

[xviii] Wenn jemand vom Genozid im Kaukasus sprechen möchte dann bitte vom Genozid an den Tscherkesischen Völkern, der von den Russen verübt wurde.

[xix] Sie erinnern sich vielleicht an die stalinistische Formel – National der Form nach, sozialistisch dem Inhalt nach. Die Kolonialpolitik erzeugte ein gespaltenes Bewusstsein. Eine der wichtigsten Figuren der georgischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert, Dimitri Kipani, beschrieb diesen Zustand: „Ich bin Russe durch meine Arbeit, durch die Vergütung und durch meine Gedankengänge. Ich bin Georgier durch meine Abstammung und durch die Sprache meiner Landsmänner.“ (Hier ist es wenigstens noch die Sprache, die an die alten Wurzeln bindet.)

[xx] Lermontov, Michail Ju., herausgegeben von Roland Opitz, Ausgewählte Werke in zwei Bänden. Band 1
Berlin: Rütten u. Loening, 1987, 1. Aufl., S. 250.

[xxi] Von sogenannten moslemischen Georgiern wurde schon 1828 eine der wichtigsten türkischen Festungen und wichtigen Orte des georgischen Wiederstandes, Achalziche, während des Osmanisch-Russischen Krieges erobert. Ein Teil der moslemischen Georgier wurde von russischen Herrschern zur Emigration gezwungen. 1944 wurden alle Moslems aus Mes’chetien-Djawachetien zwangsausgesiedelt.

[xxii] Georgien war auch keine administrative Einheit im Russischen Reich, sondern aufgeteilt in das Tifliser und Kutaiser Gouvernements und das Kars-Gebiet, dessen nord-westlicher Teile von georgischen Moslems besiedelt waren und aus historischen Gründen von Georgien beansprucht wurden. Sogar der Name „Georgien“ (natürlich auch „Abchasien“) passte nicht in die russische Kolonialpolitik, es wurde aus dem offiziellen Sprachverkehr fast völlig entfernt.

[xxiii] Bezeichnenderweise schreibt Max Weber und was besonders pikant ist, im Bezug auf den Georgier Karlo Tschcheidse: "An der subjektiven Ehrlichkeit und Achtbarkeit von Tscheidse und anderer Mitglieder der Nebenregierung endlich ist zwar kein Zweifel. Allein, sie sind "Intellektuelle", und man hat bisher noch immer die Erfahrung gemacht: ein russischer Intellektueller mag sich zu einer Partei bekennen, welche sie sei: sobald er an der Macht im Staat teilnimmt, wird er nicht etwa nur, wie dies mit allen radikalen Parteien aller Länder der Fall ist, "national", sondern nationalistisch und imperialistisch." ("Die Russische Revolution und der Friede", in: Max Weber, Gesamtausgabe Bd. I/15, S.294).

[xxiv] Schon unter den Zaren wurde versucht, Abchasien aus Restgeorgien administrativ auszugliedern, mit Kolonisierungspolitik Tatsachen zu schaffen und diese mit Propaganda zu untermauern. S. z.B. das Pamphlet mit dem kurzen und bündigen Titel „Abchasien ist nicht Georgien“ (Л. Воронов, «Абхазияне Грузия», Москва 1907 г.). Trotzdem, 1916 protestierte die abchasische Elite, als versucht wurde, Abchasien (offiziell: Sochumer Bezirk) aus dem Kutaisser Gouvernement auszugliedern und forderte Schulunterricht in den Muttersprachen – georgisch und abchasisch.

[xxv] Borchalo – Süd-Ost-Georgien, besiedelt durch kaukasische Tataren (in heutigen Sprachgebrauch - Azerbaidschaner) und Armenier.

[xxvi] RZXIDNI, f.85, op.15, d.68, Blätter 1-6, zitiert nach: Alexander V. Kwaschonkin: Sowietisazia Zakawkazia v perepiske bolshevitskogo rukovodstva 1920-22gg. In: Cahiers du Monde russe, 38 (1-2), janvier-juin 1997, pp.163-194.



Aus dem Georgischen von Nana Celidze-Jacques

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen