Sonntag, 6. Februar 2011

Recht der Bergvölker - Schwüre auf Gleichheit und Treue für den Kaukasischen Frieden

Wenn Du mich nicht als Gleichen behandelst ...
Recht der Bergvölker - Schwüre auf Gleichheit und Treue für den Kaukasischen Frieden



Nach wissenschaftlichen Publikationen von Michael Kurdiani, Avtandil Arabuli und Giorgi Davitaschwili. Zusammengestellt von „SITKVA“, einer sozial-politische Zeitschrift, Nr. 7, März 2009


Das historische Schicksal hat den Kaukasus an eine Kreuzung der Weltinteressen verschla-gen. Die ständige Expansion von Imperien und die ständigen Übergriffe der Reitervölker ha-ben ein Bewusstsein hervorgebracht, bei dem ohne einen Zusammenhalt der Kaukasier kein Überleben möglich ist.

In den schmalen Tälern des Kaukasus hat das lange und enge Zusammenleben ein einzig-artiges System der Bergbewohner hervorgebracht, das auf der historischen Verwandtschaft, dem Bewusstsein der gemeinsamen Interessen, dem Ritterlichen Kodex, der Gerechtigkeit der Mächtigen, der Vernunft der Schwachen und auf der prinzipiellen Unterscheidung zwi-schen „Eigenem“ und „Fremdem“ basiert.
Das System wurde im Laufe der Zeit zu einer festen Tradition, zum ADAT-CESI Gesetz, das sich zu einem ungeschriebenen Gesetz herausgebildet hat und das der Kraft der systemati-sierten Gesetzte gleichkommt.

Der Khewsure meint als Eigenes den Kisten, der Svane den Tscherkessen, obwohl niemand so viel Streit und Feindschaften mit den Kisten hatte wie die Khewsuren und die Svanen mit den Tscherkessen. Der „Eigene“ kann zum Feind werden, und der „Fremde“ kann zum Freund werden, aber in einer strategischen Perspektive ist „dein Feind“ näher, als ein ent-fernter Freund. Deshalb behandeln die Kaukasier die Beziehungen mit Nachbarn nach den gleichen Prinzipien, wie sie die eigenen inneren Angelegenheiten regeln. Deshalb wird ein persönlicher Streit niemals in einen Krieg verwandelt. Deshalb wundert es in den Bergen keinen, als im Tschetschenischen Krieg die Tschetschenen nach Georgien flüchteten und georgische Bergbewohner ihnen Obdach gewährten, obwohl sie dadurch selbst der Gefahr russischer Übergriffe ausgesetzt waren. So trafen sich 1944, als die Russen die Kisten de-portierten, die Khewsuren und Kisten in Djarega und schwuren, dass die Russen die Khew-suren und Kisten nicht gegeneinander ausspielen können und das zwischen ihnen Feind-schaft ausgeschlossen sei.

Unter den Nachbarn gab es Überfälle, Raub, Entführungen, aber das aus einer gemeinsa-men kaukasische Ader entstandene Recht verbat den Kabardiener, den Svanen, den Tscherkessen, den Kisten, den Khewsuren die lokale Borniertheit, Einsinnigkeit, Verrat, Angst, Kleinlichkeit, sinnlose Feindschaft und verpflichtete sie darauf, jeden Bergbewohner, auch wenn er aus einem feindlichen Lager stammt, mit Würde zu behandeln hat. Abchase, Tscherkesse, Kiste, etc. zu sein bedeutetet, ein edler Kämpfer, ein Aufrechter und Treuer zu sein. Bei einer persönlichen Auseinandersetzung gewann der Würdigste in einem aufrichti-gen Kampf und nicht mit allen Mitteln.

Unter den kaukasischen Bergbewohnern ist sogar eine rechtliche Norm der völkerrechtlichen Beziehungen entstanden, ein Abkommen zwischen den angrenzenden Dörfern über die ge-genseitige Unterstützung bei einem plötzlichen Überfall - die angrenzenden Dörfer trafen Vereinbarungen, die gegenseitige Angriffe ausschlossen. Wenn aber ein Übergriff, Raub, Entführung stattgefunden hat, war die Täterseite verpflichtet, die Gerechtigkeit wiederherzu-stellen oder den Verlust auszugleichen. Ein Beispiel für diese Abkommen kennen wir aus SAMANI in der Hl. Georg Kirche in Djuta, oder in einem Dokument von 1790, der „Verpflich-tungen der Tuschen“. Darin lesen wir: „... Wir Tuschen und Didoer haben miteinander ge-sprochen. Das Herz der Didoer glaubte unserem Friedensangebot nicht und daher haben wir diese Verpflichtung schriftlich niedergelegt: Wenn ab heute ein Tusche einem Didoear etwas zufügt, dann haben wir uns an unserem Staat versündigt und ihn verraten“
In diesem Friedensdokument der Kaukasier ist offensichtlich, dass auch der Staat eine aktive Rolle für den Frieden unter den Bergbewohner spielte. Erekle II. beauftragte den Vogt aus Eniseli, er solle die Beziehungen zwischen den georgischen Bergbewohnern und den Leken in Ordnung bringen: „Wenn die Tuschen und Khewsuren sich zusammentun und Übergriffe gegen die bereits mit uns versöhnten Antsukhen und Didoer unternehmen wollen, wenn du von so einer Verbündung erfährst, wenn sie keine schriftliche Erlaubnis von unseren Vogt oder uns besitzen, sollst du nicht gut zu ihnen sein, entwaffne sie und treibe sie entwaffnet weg ...“

Wenn zwischen den Seiten trotzdem eine Feindschaft entstand und Blut vergossen wurde, wurde der Konflikt durch das ADAT-Recht reguliert, demnach die Verantwortung der Täter oder seine näheren Verwandten übernehmen sollten. Eine Rache war vermeidbar, wenn die Mediatoren, ein Mediatorengericht, die über zu jeglichem Verbrechen passende Normen verfügen, sich in die Sache einmischten.
Wenn ein Friedens- oder Wiedergutmachungsverfahren eingeleitet wurde, das manchmal Jahrzehnte dauern konnte, wurde die Blutrache unterbrochen, der Schuldige unterlag einem „Reuegesetz“ und in dieser Zeit wurde eine Rachetat der Gegenseite als unwürdig betrachtet oder sogar verboten.

In den ADATs der Kaukasier gibt es viele Ähnlichkeiten. Sie sind zwar nicht einheitlich, aber wichtig ist in jedem Fall die gegenseitige Anerkennung und der Respekt vor ethischen und rechtlichen Gesetzen. Mehr noch, bei den eigenen schwierigeren Streitbarkeiten haben sie sich gegenseitig als Mediatoren benannt und als Richter eingeladen. Ein so einberufener Richter wurde sogar mit größerem Respekt behandelt und bevorzugt.
Die Konflikte zwischen den kaukasischen Völkern wurden in den meisten Fällen durch ein Mediatorengerichtsverfahren gelöst, das Ausdruck der kaukasischen Rechtskultur war. An die Stelle der Rache haben die Kaukasier einen sehr wirksamen Schlichtungsmechanismus gesetzt. Die internen Streitbarkeiten wurden mit den gleichen Normen und Prinzipien gelöst wie zwischen den Stämmen. Das bedeutet, dass ein Kaukasier für einen Kaukasier ein Stammesangehöriger war. Das war so, aber das ist oft nicht mehr so. Das soll ein anderes Forschungsthema sein. Was hat das Kaukasische im Abchasen verschlungen, oder was hat die historische Erinnerung der Nordkaukasier zerstreut, die im Abchasischen Krieg mit den Russen zusammen gegen die Georgier gekämpft haben und mit deren Köpfen Fußball ge-spielt haben. Oder was hat die Erinnerung in den georgischen Osseten gelöscht, die eine Staatlichkeit beschwören und einen Fremden auf kaukasischem Boden zum Herrschen ein-laden. Oder, wer und wie soll herausgefunden und erforscht werden, was den Verstand der georgischen Beamten vernebelt hat, die in dem abchasischen Krieg Kämpfer, Mediatoren, Gewalttäter, Opfer, Angreifer und Verteidiger zugleich waren.

Augenzeugen haben uns auch eine der beispiellosen Niederlagen des kaukasischen Adat-Gerichts überliefert. Bei der Versammlung zur Schlichtung zwischen Abchasen und Georgi-ern hat der georgische Teilnehmer die abchasischen Ältesten in einer Weise angesprochen, die es besser erscheinen lässt, dass es in der Geschichte keine schriftlichen Dokumente darüber gibt. Die Ältesten haben einander daraufhin angeschaut, sind wortlos aufgestanden, haben den Georgiern den Rücken gekehrt und sind zurück in die Berge gegangen. Der Krieg ging weiter und dauert bis heute.

Beispiele des Kaukasischen Schlichtungsrechts sind die svanischen und khewsurischen Ge-richtsverfahren, die in unveränderter Form bis ins 21. Jahrhundert in Gebrauch sind. Mit die-sen Beispielen wird offensichtlich, wie die Kaukasier Feindschaften und Blutvergießen bei-legten.
Das svanische Schlichtungsgericht läuft folgendermaßen ab: Die verfeindeten Parteien wer-den von Gesandten „Mezkular“ aufgesucht. Sie erreichen ein Einverständnis zum Friedens-schluss. Die Schlichter sind hochangesehene Persönlichkeiten. Sie behandeln beide Seiten sehr diplomatisch, die gegensätzlichen Positionen werden in einer milderen Sprache weiter gegeben und so erreichen die „Morven“ (Schlichter) die Zustimmung zum Frieden.
Diese Zustimmung ist nicht einfach, weil für die geschädigte Seite eine Nichtausübung der Blutrache als eine Entehrung des Namens seines Stammes gilt. Der „Makhwschi“(der Älte-ste) versammelt die Gesandten und sie besuchen gemeinsam die Familie des Getöteten. Dort herrscht zunächst Aufregung, aber nach zwei bis drei Besuchen stimmt die geschädigte Familie zu, dass der Fall von dem „Morvengericht“ behandelt wird. Falls die verfeindeten Seiten nicht auf Verhandlungen eingehen, kann der „Makhschwi“ die Gemeinde („Temi“) zu einer Versammlung einberufen. Die „Temi“ rät den verfeindeten Parteien, Frieden zu schlie-ßen, ansonsten drohen sie mit der Ausschließung von dem „Temi“. Die Feindschaft wird beendet. Beide Seiten benennen ihre jeweiligen „Morven“: Wenn die Lage sehr schwierig ist, jeweils zwölf, für die leichteren Fälle sechs, oder noch weniger. Die geschädigte Seite darf als Schlichter eine Person mehr benennen. Die Kandidaten zur Wahl der „Morven“ werden durch Gesandte bis zum Konsens miteinander abgesprochen. Ein Widerruf ist möglich. Wenn ein Schlichterkandidat nicht akzeptiert wird, wird ein neuer genannt. Der Schlichter – „Morvi“ – soll gewissenhaft, gerecht, klug, scharfsinnig, gottesfürchtig und gläubig sein. Svanen vermeiden, ein „Morvi“ zu sein, weil sie dabei schwören müssen, dass Sie ein ge-rechtes Urteil verkünden werden. Sie sind besorgt, dass sie vielleicht durch „Unwissenheit“ das Recht nicht erkennen können und damit den Schwur schänden. Dann würde der Gottes-zorn über sie und ihre Familien und Nachkommen kommen. Die „Morven“ fangen an, den Fall zu studieren. Sie gehen in die Familie des Klagenden. Dort werden sie zur Tafel gela-den. Der Tisch ist reichlich gedeckt mit Brot, Fleisch, Schnaps, Käse. Der Familienälteste nimmt am Anfang des Tisches Platz, hebt ein Trinkgefäss und wendet sich an Gott. Dann wendet er sich an die „Morven“, bedankt sich, verlangt, dass der Kläger nicht benachteiligt, sondern gleichbehandelt wird. Er sagt etwa die folgenden Wörter: „Meinen Dank will ich euch zuteil werden lassen, wenn ihr uns in dieser peinlichen Situation nicht benachteiligt und uns gleichberechtigt behandelt...“
Die „Morven“ werden etwa lauter und sagen: „Die Angelegenheit, derentwegen wir heute hier sind und die damit verbundenen Ausgaben sollen in Zukunft fern von euch bleiben. Ab jetzt sollten wir nur für Feste und zur Freude hier zusammen kommen“.
Der „Makhvshi“ fängt zu speisen an, alle essen. Der zweite Trinkspruch ist den Erzengeln, der dritte dem Heiligen Georg gewidmet. Die „Morven“ trinken nur beim ersten Trinkspruch mit aus, die weiteren werden nur mitgesprochen. Sie betrinken sich nicht. Dann werden alle still. Sie hören auf zu essen. Der Familienälteste steht auf, stellt sich in der Mitte und bringt die Klage vor. Alle schauen ihm zu.
Der „Makhvshi“ aus dem Familienstamm Girgvliani, der achtzigährige Badzu Girgvliani, hat bei der Klage zwischen den Familien Pardjianis und Girgvlianis geweint. Es weinten auch die Familiemitglieder. Einige verließen den Raum. Der „Makhvschi“ wischte seine Tränen mit dem Ärmel seiner „Tschokha“ (kaukasische Tracht) ab und setzte die Klage fort, die vier Stunden dauerte.
Nach der Klage der Geschädigten leeren die „Morven“ das Trinkgefäss.
Sie sprechen die Hoffnung aus, dass sie der Angelegenheit gerecht werden. Dann kehren sie noch zum Tisch zurück und anschließend verlassen sie die Familie.
Am nächsten Tag besuchen sie die Familie der Gegenpartei. Hier wiederholt sich der Ablauf mit den selben Regeln. Der Angeklagte sagt aus und antwortet auf die gestellten Fragen. Die „Morven“ merken sich diese Antworten und tafeln dann weiter. Danach gehen Sie nach Hause.
Am nächsten Tag kommen die „Morven“ wieder in die geschädigte Familie und überbringen die Antwort von der schuldigen Familie. So geht es weiter bis alles geklärt wird.
Danach setzen sich die „Morven“ am Rande des Dorfes unter die Bäume, auf den Rasen, auf die Wiese oder in ein verlassenes Haus, an einen einsamen Platz, oder an einen unzu-gänglichen Ort. Bei Eintritt der Dunkelheit machen Sie kein Feuer. Die Versammlung kann einige Tage dauern. Nachts gehen alle nach Hause, tagsüber versammeln sie sich erneut. Wenn das Fällen des Urteils sich zu lange hinzieht, wechseln sie den Platz, der schon vom Teufel besetzt ist und finden einen neuen Platz, einen Platz, auf dem die Engel umgehen. Diese Beratungen sind geheim. Es soll nicht nach draußen dringen, wer was gesagt hat, wer die Anklage erhoben hat, wer wem recht gegeben hat.
Die „Morven“ unterbrechen das Gespräch des anderen nicht. Die traditionelle Gesprächskul-tur beinhaltet, dass der Jüngere erst den Älteren ausreden lässt. In Svanetien wird in solchen Fällen an „Haraki“, einen ähnlichen Fall aus der Vergangenheit, erinnert und bei dem Urteil berücksichtigt.
Wenn alle „Morven“ ausgesprochen haben, wird der „Hauptmorve“, der „Mutsvri“ oder „Neg sachu megne“, stellvertretend für alle, seine Position zur Schwere der Anklage und die Grö-ße der Kaution formulieren. Nach der gemeinsamen Entscheidung wird das Ritual „Bacha liljedes“, die „Begrabung des Steines“ durchgeführt. Einer der Geschworenen nimmt den Stein, gräbt ein Loch in die Erde, begräbt den Stein und spricht das „Garzami“, den Schwur: „Diese Angelegenheit ist beendet, unser Urteil war endgültig. So soll begraben sein derjeni-ge, der den Inhalt kennt und das Urteil vorher verrät, bevor wir das Urteil gesprochen haben. Sagt alle „Amen!“ Alle anderen sagen „Amen“ und gehen.
Nach dem Urteil wird dieses verkündet. Vor dieser Verkündung findet eine Schwurzeremonie in einer Kirche statt. Dieser Schwur handelt von Gleichberechtigung und Treue.
Der Priester und beide Parteien kommen an den Verkündungsort. Aus der Kirche wird eine Ikone herausgetragen, die an die Kirchenmauer gestellt wird. Vor der Ikone stehen mit ge-senkten Köpfen die „Morven“, etwas weiter hinten, getrennt von einander, die Parteien. Dar-auf folgend werden alle „Morven“ vor der Ikone schwören. Davor aber werden erst von den Klägern und dann von den Beschuldigten GARZAMI (spezielle Schwurformeln) ausgespro-chen. Sie beschwören die „Morven“, dass sie deren Schmerz berücksichtigen und entspre-chend urteilen.
Der Kläger stellt sich vor die Ikone und spricht: „... wenn die von uns gewählten Geschwore-nen mich nach meiner gewissenhaften Darstellungen benachteiligen, ... dann Hoi, Herr Gott, der Allmächtige, so oft wie aus dem Himmel Regen und Schnee fällt, so viel Grass auf der Erde wächst, so viel Sand im Meere ist, - so viele goldhörnige Stiere sie dir nicht spenden, so lange (und zeigt auf den Geschworenen) sollst Du seinen Kindern und Nachkommen nicht beistehen. Vernichte sie mit dem ganzen Stamm, wenn der Geschworene, jeder Ein-zelne, mich nicht genau so behandelt hat, als ob er selbst an meiner Stelle gewesen wäre, - dann erhöre meine Bitte so lange, Herr Gott, wie Jesus und seine zwölf Apostel nicht als Abendmahlsgemeinschaft auffindbar sind. So lange Abendmalbrot nicht aus dem Mehl, das aus Jerusalem kommt, gebacken wird und auch der Abendmahlwein nicht von dort kommt, solange sollt ihr nur Böses erleben, seit verflucht, so dass eure Schwiegertöchter Schlangen und Frösche gebären sollten...“
Der Angeklagte spricht ebenfalls den GARZAMI, reißt das Grass aus der Erde heraus und schmeißt es in die Luft. Dann tritt er vor, eine Hand streckt er in Richtung Ikone, die andere in Richtung Geschworene und spricht: „ Herr Gott, der Allmächtige, wenn die Geschworenen mich ohne Regeln und Notwendigkeit verurteilt haben, dann verfluche sie ...so und so...“ und sagt einen Fluch. Er nimmt den Hut ab und schmeißt ihn auf die Erde und sagt: „So mögen ihre Häuser und Leben hinunterfallen, wenn sie mich nicht gleichberechtigt behandeln“.
Dann steht der „Makhvshi“ auf und sagt: „... alles, was wir konnten, alle Maßnamen haben wir berücksichtigt... Wir haben die Anklage gewogen, wir haben die Antwort und die Erwide-rung auf die Antwort gegeneinander gestellt, untersucht und durch unser Recht und unsere Regeln haben wir eine Lösung gefunden, die von jedem Geschworenen akzeptiert wurde, do dass jeder an unsere Stelle genau so handeln würde“
Die Geschworene sagen: „Wir sind mit diesen GARZEMI einverstanden, wir schwören, dass wir auf dem wahren, rechten Wege gegangen sind, soweit unser Verstand es zulässt.“
Nach dem Schwur der Gleichberechtigung schwören die Kläger und der Angeklagte den Treueid. Die beide Parteien schwören: „ Mit seinem Segen (und sie zeigen dabei auf die Iko-ne) schwöre ich, dass wenn du mir treu bist, ich auch dir treu bin. An diese heutige Angele-genheit werden weder ich, noch mein Sohn oder unsere Nachkommen, dich wieder erin-nern.“
Nach diesem Schwur gehen die Geschworene und auch die Parteien nach Hause. Die Ge-schworene teilen sich und eine Hälfte geht mit den Angeklagten, die andere mit den Klägern, um das Urteil zu verkünden. Das Urteil wird also in deren Familien verkündet und dann ge-hen sie auseinander.
Es gibt auch eine andere Regel, wonach der Angeklagte zu der geschädigten Familie geht und dort wird dann das Urteil ausgesprochen. Danach wird eine Friedenstafel gedeckt.
Nach der Urteilsverkündung wird mit deren Durchführung begonnen. Der Schuldige muss in zwei Wochen oder in einem Monat die pflichtgemäßen Gebühren zahlen. Die „Morven“ be-kommen auch einen Lohn, Kupfertöpfe, Geld etc. Zu den Geschworenenpflichten gehört auch die Eintreibung von Strafgebühren und deren Weitergabe an die Opfer.

Andere Rechtsmechanismen waren für die Svanen nicht akzeptabel. Während die russische Regierung zweimal im Jahr einen Richter nach Svanetien kommen ließ, der vergeblich ver-sucht hat, Morde und andere Rechtwidrigkeiten zu untersuchen, regelten die Svanen dies mit eigenen traditionellen Rechtsverfahren, handelten oder begingen weitere Rachemorde... Der angekommene Richter suchte die Parteien auf. Alle Bewohner sagten zum Vorteil des Schuldigen aus, damit es keine Möglichkeit geben könne, dass ein Svane nach russischem Recht verurteilt würde. Ein Richter verlor die Nerven, sammelte alle Dokumente zusammen, goss Öl darauf und verbrannte sie. Dabei schrie er: „Wozu ist in Svanetien ein Gericht not-wendig?!“

Übersetzung: Marika Lapauri-Burk

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